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Welsche

Der Begriff Welsche oder Walsche geht vermutlich auf eine germanische Bezeichnung fĂŒr Römer und (romanisierte) Kelten zurĂŒck (vgl. englisch Welsh fĂŒr walisisch). In der deutschen Sprache werden heute unter Welschen als Exonym jeweils die am nĂ€chsten wohnenden romanischen Völker bezeichnet, und Varianten dieser Bezeichnung sind in ganz Europa zu finden. Der Ausdruck Welschland wurde frĂŒher unter anderem fĂŒr Italien und Frankreich verwendet, heute hauptsĂ€chlich in der Schweiz fĂŒr die Romandie (auch Welschschweiz); in Tirol und SĂŒdtirol bezieht sich die Walschen auch heute noch auf die Italiener, wobei der Begriff seit der italienischen Besetzung und der darauffolgenden (faschistischen) UnterdrĂŒckung der SĂŒdtiroler Bevölkerung, Freiheit und Kultur eine abwertende Konnotation erfuhr; auch in KĂ€rnten ist dies in der Form Walisch(e) der Fall. Der entsprechende germanische Gegenbegriff fĂŒr im Osten siedelnde Nachbarn war Wenden (u. Ă€.).

Daneben ist das Wort als Bestandteil in zahlreichen Orts-, Flur- und Familiennamen enthalten.

Wortherkunft

Nach J. R. R. Tolkien kann das Wort „als allgemeiner germanischer Name fĂŒr eine Person, die wir fĂŒr einen Keltischsprecher halten können“, gedeutet werden.[1][2]

Das Wort erscheint in den Formen althochdeutsch Singular walh, Plural walha, das Zugehörigkeitsadjektiv althochdeutsch walhisk, altenglisch wilisc „fremd, nicht-englisch, kymrisch“, altnordisch valskr, valir „Gallier, Französisch“. Das Adjektiv kann auf erschlossenes urgermanisches *walhiska- zurĂŒckgefĂŒhrt werden.[1][3][4]

Germanische Bezeichnung fĂŒr Kelten

Mit dem Wort wurde in den frĂŒhesten Nachweisen ein Nachbarvolk der Germanen bezeichnet. Das Wort wird etymologisch auf den Namen der Volcae bezogen. Dieser keltische Stamm kam in vorhistorischer Zeit mit germanischen Völkern in BerĂŒhrung und lebte um die Zeitenwende im sĂŒdfranzösischen Aquitanien.[5] Die Volcae besaßen davor mutmaßlich großen Einfluss in Moravia (MĂ€hren) und kontrollierten zusammen mit anderen StĂ€mmen (Boii, Cotini und weitere Donaukelten) ein bedeutendes Netz von Handelswegen zwischen dem Mittelmeerraum und den germanischen Siedlungsgebieten. Man nimmt auch an, dass die Volcae nordöstlich des Rheins wohnten, im heutigen westlichen und zentralen Deutschland, im Stromgebiet der Weser. Gaius Iulius Caesar erwĂ€hnt die Volcae Tectosages als einen keltischen Stamm, der seinerzeit noch im westlichen Germanien wohnte.[6]

Um die Zeitenwende[3] wurde dieser Name von germanischen Sprechern verallgemeinernd auf alle Kelten ĂŒbertragen. Der Name ist in einigen germanischen Sprachen eine Bezeichnung fĂŒr diverse keltische Volksgruppen, etwa bei den Angeln, JĂŒten und Sachsen, die im 5. Jahrhundert die Insel Britannien besetzten und auf die dortige keltische Bevölkerung trafen: westsĂ€chsisch wilisc, wylisc, anglisch und kentisch welisc, wĂŠlisc, altenglisch walh oder wealh.[7][1] Die Wurzel findet sich beispielsweise in Namen wie Wales (bzw. welsh, „walisisch“) und Cornwall wieder.

Übergang des Worts auf Romanen

Kupfer-Replikat des schwedischen Brakteaten von Tjurkö (Kopie einer römischen MĂŒnze), ca. 400–650 n. Chr. Im Ă€lteren Futhark geschrieben erscheint das urnordische Wort walhakurne („welsches Korn“, „fremdes Getreide“), offenbar eine Kenning fĂŒr „Gold“ mit Bezug auf die MĂŒnze.

SpĂ€testens nach dem Ende der Antike bezeichnet der Ausdruck zunehmend auch Romanen. Auf dem europĂ€ischen Festland waren bis zum Zusammenbruch des Weströmischen Reiches nahezu alle Kelten romanisiert worden; die germanische Bezeichnung fĂŒr diese Völker blieb jedoch weiterhin dieselbe und erweiterte sich auf Romanischsprachige ohne nĂ€here Differenzierung.

Nach der Einwanderung der Franken in Gallien ĂŒbernahmen auch die ansĂ€ssigen Galloromanen den frĂ€nkischen Landesnamen Walha aus der Sprache der Eroberer. Daraus wurde das französische (la) Gaule, das jedoch bald nur noch das Land vor der Zeit der Merowinger und Karolinger, also im Wesentlichen die ehemalige römische Provinz Celtica, bezeichnete. Das französische Wort Gaule leitet sich also nicht aus dem lateinischen Gallia ab, das in der Zeit nach Caesar fĂŒr Norditalien (Gallia cisalpina) und die Provence (Gallia narbonensis) steht.

Die bairisch-frĂ€nkische Landnahme,[8] die ab dem 5. Jahrhundert den Rhein ĂŒberschreitend auch Richtung SĂŒdosten erfolgt, fand keineswegs ein von der Völkerwanderung entvölkertes Land vor, sondern lateinischsprechende Christen verschiedenster ethnischer Herkunft (wenn auch anzunehmend viele Italer nach Odoakers RĂŒckruf der römischen BĂŒrger 487 das Land verlassen hatten). Die sich im Gebiet des heutigen Bayern als Volkstum bildenden Bajuwaren[9] begegneten den keltischen Breonen im Tiroler Inntal[10] und abgewanderten Norikern im SĂŒdtiroler Eisack- und Wipptal (Nurichtal, Vallis Noricana)[10] und erreichten im 7. Jahrhundert die heutige Sprachgrenze bei Salurn, wo sie friedlichen Kontakt mit den Ladinern aufnahmen.[11] Der heilige Rupert, der 696 in Salzburg mit der Missionierung der SĂŒdgrenze Austriens beginnt, grĂŒndet sein Bistum auf Basis ungebrochener römischer Tradition, und dort dĂŒrften sich romanischsprechende Sprachinseln, vielleicht sogar ethnische Romanen darĂŒber hinaus gehalten haben, wie etwa das Adelsgeschlecht der de Albina von Oberalm bei Salzburg und die Ortsnamen der dortigen Gegend,[12] oder die Ortschaft Latein bei Straßwalchen („Lateinsprecher in der Nachbarschaft von Romanen“)[13] zeigt. Walchen-Ortsnamen finden sich neben dem ganzen nördlichen Alpenrand insbesondere im damaligen Grenzland-Dreieck Salzburg–Wels/Steyr–Pongau/Ennstal, wo sich romanische, baiuwarische und slawische Namen derselben Zeitstufe mischen,[14][15] und auch sĂŒdlich des Alpenhauptkammes in KĂ€rnten und der Steiermark, die von ehemals norisch-romanischen Inseln im slawischen Reich, dann bairische Grenzmark und Herzogtum Karantanien, zeugen.[11] FĂŒr die autochthone kulturelle KontinuitĂ€t findet sich etwa in der Vita Sancti Severini, der Lebensbeschreibung des Hl. Severin von Noricum (410–482) des frĂŒhen 7. Jahrhunderts, ein zeitgenössisches Zeugnis, wo Eugippius schreibt, die „im Lande [dem heutigen Niederösterreich] verbliebenen Romanen“ hĂ€tten â€“ trotz Hunneneinfalls, Zugs der Langobarden, Rugier, Ostgoten und anderer wandernder Germanen, Awarensturms und slawischer Landnahme â€“ „das VermĂ€chtnis des Severinus besser bewahrt [
] als seine Mönche [des Severinordens, der 488 nach Castellum Lucullanum bei Neapel umgezogen war], indem sie die christliche Lehre und die fortlebenden kulturellen Traditionen der Antike an die einwandernden Germanen weitergaben.“[16]

Noch in der Salzburger Urkunde Notitia Arnonis und den nur wenig spĂ€teren Breves Notitiae werden noch aus den Jahren um 790/800 80 abgabenpflichtige Romanen an der bayerischen Traun erwĂ€hnt.[17] Traunwalchen ist als „trunwalha“ genannt. Romanische Bevölkerung kann man hier fĂŒr die Orte Litzlwalchen, Traunwalchen, Walchenberg, Roitwalchen, Kammer, Oberwalchen und Katzwalchen annehmen.[18]

Das Wort bleibt nicht auf die Regionen des direkten Kontakts beschrĂ€nkt: Auch altnordisch â€“ mit Beginn der Wikingerzeit, 800 als Richtdatum â€“ ist Valir oder VĂŠlir als Name fĂŒr die Römer gebraucht und der Name Valland fĂŒr ihre LĂ€nder. Korrespondierende Adjektive sind vĂ€lsk, velsk auf Norwegisch,[19] vaelsk auf DĂ€nisch.

Das althochdeutsche Walh wurde im Mittelhochdeutschen zu Walch, und die adjektivische Form ahd. walhisk, walhisch „romanisch“ wurde zum mhd. wélsch, zum Beispiel im Alexanderroman von Rudolf von Ems, bis zu Welsche im neueren Deutsch.

Das Substantiv Walch taucht auch in der Neuzeit noch auf, insbesondere im Plural Walchen, wovon eine dialektale Variante, Walen, spezifisch auf Mineraliensucher und SchĂŒrfer aus Italien (auch als Venetianer bekannt) bezogen wurde, die vor allem in den Alpen BodenschĂ€tze sammelten und als zauberkundige Zwerge in die Sagenwelt Eingang fanden.

Orts- und Flurnamen der frĂŒhen Sprachschichten

Ortsnamen mit dem Bestandteil „Welsch“/„Walsch“ sind gehĂ€uft im Sauerland zu finden sowie im sĂŒddeutschen und österreichischen Alpenvorland und den Schweizer Voralpen. Diese werden frĂŒhestens auf die bairisch-frĂ€nkische Landnahme zurĂŒckgefĂŒhrt, und es wird angenommen, dass sie BerĂŒhrungen zwischen diesem Kulturkreis und der ortsansĂ€ssigen gallo-romanischen Restbevölkerung, wohl einschließlich der allfĂ€lligen Reste der diversen Hilfstruppen des alten Limesraums, dokumentieren. Es sind weit ĂŒber hundert Walchenorte dokumentiert, mit einer auffallenden HĂ€ufung in den Seengebieten des Alpenraums. Eine Auswahl davon:

Vergleiche dazu Windisch/Wenden, den germanischen Namen fĂŒr Slawen.

Bezeichnungsbeispiele fĂŒr spezifische Volksgruppen

In verschiedenen deutschen Regionalsprachen werden die jeweils unmittelbar benachbarten Romanen oder romanischsprachigen Bevölkerungsgruppen als „Welsche“ bezeichnet. Je nachdem hat der Ausdruck einen neutralen oder abwertenden Klang: WĂ€hrend im Schweizerischen etwa Welsche fĂŒr Romands (französischsprechende Schweizer) ohne negative Wertung verwendet wird, ist Welsche oder auch Walsche im Tirolischen aus GrĂŒnden der bewegten politischen VorgĂ€nge der Neuzeit in diesen Regionen allgemein abwertende Bezeichnung fĂŒr Italiener. Im Kontext der deutsch-französischen RivalitĂ€t war der Begriff im 19. und frĂŒhen 20. Jahrhundert im Standarddeutschen als abwertende Bezeichnung fĂŒr alles Französische in Gebrauch â€“ zum Beispiel in der Wendung „welsche TĂŒcke“ â€“, ist aber seither ungebrĂ€uchlich geworden.

  • Die Walnuss war ursprĂŒnglich die „welsche Nuss“, d. h., sie ist ĂŒber Frankreich oder Italien ins Deutsche gekommen.[20] Sie heißt auch englisch walnut, vom altenglischen walhnutu (wealh + hnutu) „fremde Nuss“,[21] dĂ€nisch valnĂžd, schwedisch valnöt. NiederlĂ€ndisch heißt sie aber okkernoot (walnoot steht modern nur fĂŒr die Gattung Juglans).
  • Auch in Welschkohl, Welschkorn, Welschkraut (Wirsing) deutet welsch darauf hin, dass diese GemĂŒse einst von auswĂ€rts ĂŒbernommen worden sind.
  • Die Rebsorte Welschriesling stammt vermutlich ursprĂŒnglich aus Norditalien.

FĂŒr Französischsprachige

Als Bezeichnung fĂŒr Französischsprachige:

  • Welschschweiz oder Welschland ist in der Deutschschweiz ĂŒblich fĂŒr „französischsprachige Schweiz“ (Romandie). Mit Welsch als eigenstĂ€ndigem Wort wird das in der Romandie gesprochene Französisch bezeichnet.
  • Die Gemeinde Welschenrohr im Schweizer Kanton Solothurn ist nach der nahen Sprachgrenze zum Französischen benannt.
  • Im Elsass steht Welschi oder Walschi (OberelsĂ€ssisch) fĂŒr „Innerfranzosen“ im Allgemeinen (heutzutage selten) sowie â€“ und deshalb sogar im regionalen Französisch welche [ˈwɛlʃ] â€“ fĂŒr die romanischen (lothringisch/französisch) Sprachenklaven auf der Ostseite der Vogesen („pays welche“) im Besonderen und deren Sprache (germanismenreiche örtliche Varianten des Lothringischen â€“ korrekt: Vosgien). Die Vogesen selbst heißen schon lateinisch Vosegus Mons[5] (dt. frĂŒher Wasgenwald), sprachlicher Zusammenhang mit den damals schon nach SĂŒdfrankreich abgewanderten keltischen Volcae dĂŒrfte nicht bestehen.
  • Die Wallonen sind die französischsprachigen Belgier.
  • In verschiedenen deutschen StĂ€dten und Orten, zum Beispiel in Duisburg, findet man Straßennamen wie Welschengasse oder Am Welschenkamp.[22]
  • FĂŒr die Waldenser, die in den Jahren um 1680 bis ca. 1700 aus ihrer Heimat vertrieben und in deutschen LĂ€ndern aufgenommen wurden, wurde von der deutschen Bevölkerung wegen ihrer französischen Herkunft „Welsche“ als Bezeichnung verwendet. Daher gibt es in den deutschen Waldensergemeinden (Landkreis Karlsruhe) heute noch zahlreiche Straßen- und Flurnamen mit dieser Bezeichnung, zum Beispiel Am Welschenweg, Welschneureut (das „alte“ Neureut heißt Teutschneureut), Welschneureuter Straße, WelschenĂ€ckerstraße, Im Welschental oder Welsche Straße. Der Name der Waldenser selbst leitet sich vom GrĂŒnder Petrus Valdes ab und steht mit der Bezeichnung Welsch nicht in etymologischem Zusammenhang.

FĂŒr Italienischsprachige

Das Trentino als der sĂŒdliche Teil Tirols

Als Bezeichnung fĂŒr Italienischsprachige:

  • Welschtirol, die alte Bezeichnung fĂŒr das von Italienern bewohnte Trentino und die ladinischsprachigen Teile SĂŒdtirols
  • Welsche Confinen (oder mit «k»), eine kleinere Region im Trentino
  • Welsche Vogteien, alte bĂŒndnerische Bezeichnung fĂŒr die Region Valtellina (Veltlin)/Bormio in Oberitalien
  • WĂ€lsch-Bergen fĂŒr Bergamo
  • Welschbern fĂŒr Verona zur Unterscheidung von der Schweizer Stadt Bern
  • WĂ€lsch-Brixen fĂŒr Brescia zur Unterscheidung vom deutschsprachigen Brixen im SĂŒdtirol
  • Welschmetz fĂŒr Mezzolombardo
  • Welsch-Michael fĂŒr San Michele all’Adige zur Unterscheidung von Deutsch-Michael, einer alten Bezeichnung fĂŒr Eppan
  • Welschnofen fĂŒr die Ortschaft neben Deutschnofen
  • In Regensburg gibt es eine Wahlenstraße, ehemals bewohnt von italienischen Kaufleuten (1138: „inter latinos“).[22]

Dazu gibt es in den GebirgsrÀumen ganz Mitteleuropas auch einen konkreten Bezug zu den Walen oder Venediger[mandln] (und BergmÀnnchen im Allgemeinen), einem wohl historischen Sagenkomplex um italienische Steinsucher, manchmal auch Holzsammler.

Auch die polnische und die ungarische Bezeichnung fĂŒr „Italien“, WƂochy beziehungsweise OlaszorszĂĄg, gehen etymologisch auf die keltischen Volcae zurĂŒck, womit in diesen beiden Sprachen Italien wörtlich ĂŒbersetzt das „Welschland“ ist.[23]

FĂŒr Ladinischsprachige

In Tirol bzw. SĂŒdtirol wird die ladinischsprachige Bevölkerung der Dolomiten auch abwertend „Krautwalsche“ genannt. Die Bezeichnung „Krautwalsche“ gibt es auch in trentinischen Dialekten. Im Falle der Dolomitenladiner und der RĂ€toromanen allgemein bezeichnet das Wort keine romanisierten Kelten oder Romanen, sondern romanisierte RĂ€ter.

FĂŒr das ladinischsprachige Dorf Rina wird im Deutschen zur Unterscheidung vom deutschsprachigen Ellen in der Gemeinde St. Lorenzen Welschellen verwendet. Derselbe Zusammenhang wird fĂŒr das heutzutage deutschsprachige Welschnofen, das ursprĂŒnglich ladinischsprachig gewesen sein soll, zum Unterschied von Deutschnofen angenommen.

FĂŒr RĂ€toromanen

Das einstmals walserische, spÀter wieder rÀtoromanische Welschtobel

Als Bezeichnung fĂŒr RĂ€toromanen:

  • Walensee in der Schweiz, an der frĂŒhmittelalterlichen Sprachgrenze gegen das rĂ€toromanische Sprachgebiet
  • Walgau, der unterste Talabschnitt der Ill in Vorarlberg
  • Walenstadt, ursprĂŒnglich Walenstad „Gestade/Ufer der Welschen“, am Ostende des Walensees
  • Welschdörfli, der Stadtteil von Chur, wo am lĂ€ngsten RĂ€toromanen wohnten
  • Welschtobel, ein Gebiet von Arosa, das an die rĂ€toromanische Nachbargemeinde Alvaneu verkauft wurde
  • Churwelsch ist die alte deutsche Bezeichnung fĂŒr das BĂŒndnerromanische

Welsch als „fremd, unverstĂ€ndlich“

Schon im Althochdeutschen stand uualhisc fĂŒr „romanisch“ und wurde fĂŒr deren Sprache verwendet. So hat der Ausdruck Welsch im Deutschen auch die Bedeutung „fremde, unverstĂ€ndliche Sprache“ angenommen, siehe dazu die Artikel Rotwelsch und Kauderwelsch. Hiervon wurde auch das Verb welschen abgeleitet, mit dem man den Gebrauch von Fremdwörtern inkriminierte. Der Purismus hatte sich darum die Entwelschung auf die Fahnen geschrieben. Entwelschung betrieb vor allem der Stilistiker Eduard Engel zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Bezeichnungen in den slawischen Sprachen

Verbreitung der RumÀnen im weiteren Sinn des Begriffes (Walachen)

Von den Germanen haben auch die Slawen das Wort walha als gemeinaltslawisch volchъ[1] in der Bedeutung „Romane“[24] wie auch allgemein „Fremdsprachiger“[25] entlehnt, möglicherweise aus der althochdeutschen Form walah.[3]

  • WƂochy ist bis heute die polnische Bezeichnung fĂŒr „Italien“. WoƂoch als polnische Bezeichnung fĂŒr RumĂ€nen ist heute selten geworden.
  • Lah ist in westslowenischen Mundarten Ausdruck fĂŒr die („rĂ€to“romanischen) Friulaner
  • Vlachi, Vlasi (sĂŒdslawisch), Volochi (ostslawisch) werden jetzt verschiedene Volksgruppen von Walachen genannt (als Exonym, also meist nicht als Eigenbezeichnung):[26]
    • die eng anverwandten Völker der Aromunen, MeglenorumĂ€nen, IstrorumĂ€nen und â€“ heute selten â€“ auch fĂŒr die DakorumĂ€nen selbst. Im breiteren Sinn des Begriffes werden alle diese Völker deutsch als Walachen, englisch Wallachians, als balkanromanische Sprachgruppe oder rumĂ€nische ethnische Gruppe bezeichnet.
    • sprachlich romanisierte Roma, hauptsĂ€chlich solche, die mehrere Jahrhunderte lang als Sklaven in der rumĂ€nischen Walachei gelebt haben, sich die rumĂ€nische Sprache vollstĂ€ndig oder teilweise angeeignet haben und nach deren Befreiung im Jahr 1856 das Land verlassen haben.

Daneben bekommt das Wort eine Bedeutung fĂŒr von der SchĂ€ferei lebende Volksgruppen im Allgemeinen:

  • fĂŒr slawisierte Romanen oströmischer Herkunft, die als nomadisierende Hirten in SĂŒdosteuropa den Zusammenbruch Byzanzs ĂŒberdauerten[3]
  • fĂŒr Restbevölkerungen der zusammengebrochenen mittelalterlichen walachischen Expansion als nomadisierende SchĂ€fer etwa in der Slowakei[27] oder Bosnien.
Ethnographie des Balkans: Histoire Et GĂ©ographie – Atlas GĂ©nĂ©ral Vidal-Lablache, Librairie Armand Colin, Paris 1898

Entlehnungen in andere Sprachen

Über das mittellateinische Wallachia fĂŒr die römische Provinz[26] und spĂ€ter das FĂŒrstentum Moldau der Kreuzfahrerzeit[3] wird die slawische Form ins Deutsche rĂŒckentlehnt:

  • Walachei steht fĂŒr einige Regionen oder historischen Reiche, speziell:
    • die rumĂ€nische Region Walachei (rumĂ€nisch Ćąara RomĂąnească)
    • die Walachische Tiefebene (rumĂ€nisch CĂąmpia RomĂąnă) am Nordufer des Donauunterlaufs in RumĂ€nien
  • Walachen wurden bis ins 19. Jahrhundert im Deutschen alle Balkanromanen genannt.

Heute steht das deutsche Wort „Walache“ primĂ€r als Übersetzung obiger slawischer Worte (wie Vlachi, Vlasi, Volochi).

Von den Slawen ĂŒbernahmen auch die Magyaren den Ausdruck:

  • olasz „Italiener“ sowie (veraltet) olĂĄh „RumĂ€ne“

Auch ins Byzantinische wandert das Wort im Hochmittelalter:

ΓΏλα Î’Î»ÎŹÏ‡Î±Ï‚ GĂĄla VlĂĄchas („SchĂ€fermilch“) ist eine bekannte Marke in Griechenland
  • Blachoi (ÎČÎ»Î±Ï‡ÎżÎč, Aussprache [ˈvlaxi]) als Ausdruck fĂŒr „SchĂ€fer“ im Allgemeinen (unabhĂ€ngig von ethnischer Zugehörigkeit)[3]
  • Blachoi, lateinisch Blachia, synonym zu Mysoi und Boulgaroi bei Niketas Choniates im 13. Jahrhundert fĂŒr das bulgarische Reich des Kalojan

Aus diesem grĂ€ko-slawisch „Vlachi“ gesprochenen ÎČÎ»Î±Ï‡ÎżÎč steht dann, buchstĂ€blich von den Kreuzfahrern ĂŒbernommen, auch in der mittelalterlichen lateinischen Literatur:

  • Blachi, Blaci, Blacci, Blasi, etwa Rex Bulgarorum et Blachorum fĂŒr das karpato-moldawische Reich und Blacus, dux Blacorum fĂŒr den Gelou in den Gesta Hungarorum (etwa 12. Jh.)[28]

Und letztendlich findet es sich dann im TĂŒrkischen:[3]

  • Iflak oder Eflak als Bezeichnung fĂŒr das FĂŒrstentum Moldau bis ins mittlere 19. Jahrhundert[29]

Welsch/Walsch in Familiennamen

Die Form ist auch in Familiennamen erhalten:

Auch als Vorname ist Vlach und seine Varianten historisch verbĂŒrgt,[31] zu Blasius (zum Heiligen, siehe unterhalb).

Historische Persönlichkeiten:

Etymologische Abgrenzung zu anderen Begriffen

  • Die Namen des Schweizer Kantons Wallis sowie der BĂŒndner Ortschaft Vals haben nichts mit dem Wort „welsch“ zu tun; es handelt sich vielmehr um eine Ableitung zum lateinischen Wort vallis „Tal“.
  • Die Namen fĂŒr das Kleinwalsertal und das Große Walsertal in Vorarlberg sollen hingegen nach den dort im SpĂ€tmittelalter eingewanderten Walsern (Wallisern) benannt sein.

Siehe auch

Literatur

  • John Ronald Reuel Tolkien: English and Welsh. 1955; veröffentlicht in: Christopher Tolkien (Hrsg.): The Monsters & the Critics and Other Essays. George Allen & Unwin (Publishers) Ltd. 1983; neuveröffentlicht bei HarperCollinsPublishers 1990.
  • Walch I und wĂ€lsch – reichhaltige Wortartikel im Schweizerischen Idiotikon, Band XV, Sp. 422–428 und 1583–1607 ĂŒber Walchen und welsch in sprachlicher und kulturgeschichtlicher Hinsicht, einschließlich der Zusammensetzungen und Ableitungen.
  • Walter Pohl, Ingrid Hartl, Wolfgang Haubrichs (Hrsg.): Walchen, Romani und Latini. Variationen einer nachrömischen Gruppenbezeichnung zwischen Britannien und dem Balkan. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2017, ISBN 978-3-7001-7949-8.
Wiktionary: welsch â€“ BedeutungserklĂ€rungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. ↑ a b c d Welsh. In: Douglas Harper: Online Etymology Dictionary. etymonline.com (englisch)
  2. ↑ „common Gmc. name for a man of what we should call Celtic speech.“ – J. R. R. Tolkien, zitiert nach Online Etymology Dictionary. Übers. Wikipedia
  3. ↑ a b c d e f g Zdravko Batzarov: Wallachians, Walloons, Welschen etc. In: Orbis Latinus, www.orbilat.com. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfĂŒgbar) am 20. MĂ€rz 2007; abgerufen am 10. Juni 2008 (englisch).
  4. ↑ Arend Quak: Van Ad Welschen naar Ad Waalsen of toch maar niet? (PDF; 52 kB) 2005, archiviert vom Original (nicht mehr online verfĂŒgbar) am 6. Februar 2012; abgerufen am 10. Juni 2008 (niederlĂ€ndisch).
  5. ↑ a b Caesar: De bello Gallico, 52/51 v. Chr.
  6. ↑ De bello gallico: 6.24
  7. ↑ Tolkien: English and Welsh. Zit. nach The Celtic Languages in Contact. Donn Bayard, Daniel Copeland, Highland & Gaelic Society, 1. MĂ€rz 2004, archiviert vom Original (nicht mehr online verfĂŒgbar) am 7. August 2008; abgerufen am 10. Juni 2008 (englisch).
  8. ↑ Manfred Scheuch: Österreich – Provinz, Weltreich, Republik. Ein historischer Atlas. Verlag Christian BrandstĂ€tter, Wien 1994. Lizenzausgabe: Verlag Das Beste, ISBN 3-87070-588-4, S. 16ff
  9. ↑ Heinz Dopsch: Zum Anteil der Romanen und ihrer Kultur an der Stammesbildung der Bajuvaren. In: Hermann Dannheimer, Heinz Dopsch (Hrsg.): Die Bajuwaren. Von Severin bis Tassilo 488–788. Ausstellungskatalog Gemeinsame Landesausstellung des Freistaates Bayern und des Landes Salzburg Rosenheim/Bayern Mattsee/Salzburg 19. Mai bis 6. November 1988. PrĂ€historische Staatssammlung MĂŒnchen und Amt der Salzburger Landesregierung 1988, S. 47–54
  10. ↑ a b Dopsch: Breonen und Noriker in Tirol. 1988, S. 51–52.
  11. ↑ a b Scheuch: Romanisierte Restbevölkerung. 1994, S. 18–19.
  12. ↑ Dopsch: Der romanische Adel im Salzburger Raum. 1988, S. 52 f.
  13. ↑ Scheuch: Salzburg – Erzbistum und ReichsfĂŒrstentum. 1994, S. 36–37.
  14. ↑ Kurt Holter: Baiern und Slawen in Oberösterreich: Probleme der Landnahme und Besiedlung. Symposion, 16. November 1978 (= OÖ. Musealverein Gesellschaft fĂŒr Landeskunde [Hrsg.]: Schriftenreihe des OÖ. Musealvereins. Band 10). 1980, ISBN 3-85320-225-X.
  15. ↑ Scheuch: Baiern und das karolingische Ostland. 1994, S. 24–25.
  16. ↑ Zitat Scheuch: Romanisierte Restbevölkerung. 1994, S. 19.
  17. ↑ „(
) in eodem pago Trunwalha dedit, qui dicuntur Romanos tributales LXXX (
)“
  18. ↑ Fritz LoĆĄek: Notitia Arnonis und Breves Notitiae. Die Salzburger GĂŒterverzeichnisse aus der Zeit um 800: Sprachlich-historische Einleitung, Text und Übersetzung. In: Mitteilungen der Gesellschaft fĂŒr Salzburger Landeskunde. Band 130, 1989, S. 5–192 (zobodat.at [PDF]).
  19. ↑ Elof Hellquist: valnöt, fsv. valnöt (-not-, -nut). In: Svensk etymologisk ordbok. 1. Auflage. C. W. K. Gleerups förlag, Berlingska boktryckerie, Lund 1922, S. 1086 (schwedisch, runeberg.org).
  20. ↑ Helmut Carl: Die deutschen Pflanzen- und Tiernamen: Deutung und sprachliche Ordnung. Heidelberg 1957. Neudruck Heidelberg / Wiesbaden 1995, S. 235 und 270
  21. ↑ etymonline.com
  22. ↑ a b c d e Ad Welschen: 'Herkomst en geschiedenis van de familie Welschen en de geografische verspreiding van deze familienaam.' Lf. II, in: Limburgs Tijdschrift voor Genealogie 30 (2002), 68–81; separate Bibliographie in: Limburgs Tijdschrift voor Genealogie 31 (2003), 34–35 (niederlĂ€ndisch).
  23. ↑ Italy. In: mapologies.com. Abgerufen am 3. Juni 2024.
  24. ↑ Nach Aleksander BrĂŒckner (1856–1939)
  25. ↑ Walach. (Memento vom 4. November 2012 im Internet Archive) In: etymonline.com (englisch)
  26. ↑ a b Kelley L. Ross: The Vlach Connection and Further Reflections on Roman History. In: Animated History of Romania. Abgerufen am 10. Juni 2008 (englisch, 1997–2003).
  27. ↑ Zuzana Kmetova: Wallachian sheep & cattle farming (Memento vom 12. Dezember 2007 im Internet Archive). 1997 â€“ auf: Preserving And Reconstructing Ancient Buildings Of Wood (PARABOW), SlovenskĂĄ agentĂșra ĆŸivotnĂ©ho prostredia (SAĆœP), www.sazp.sk
  28. ↑ LĂĄszlĂł Makkai: Anonymus on the Hungarian Conquest of Transylvania. Kap. 1–331. Transylvania in the Medieval Hungarian Kingdom (896–1526). In: LĂĄszlĂł Makkai, AndrĂĄs MĂłcsy, BĂ©la Köpeczi (Hrsg.): History of Transylvania. Institute of History of the Hungarian Academy of Sciences, Columbia University Press, New York 2001, ISBN 0-88033-479-7 (mek.oszk.hu E-Book, Magyar Elektronikus KönyvtĂĄr)
  29. ↑ Eflak, Muntenia, Ʊara Romñnească, Valahia, Wallachia. In: Encyclopédia Britannica. online
  30. ↑ Konrad Kunze: dtv-Atlas Namenkunde. dtv, 2004, ISBN 3-423-03266-9, S. 89.
  31. ↑ Eintrag Vlach. In: Patrick Hanks, Flavia Hodges: A Dictionary of Surnames. Oxford University Press, 1988, S. 558; zit nach Ross: The Vlach Connection. oriblat.com
  32. ↑ Robert Elsie: The Christian Saints of Albania. In: Balkanistica 13/2000, S. 35–37 (Webdokument, home.olemiss.edu)
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