Die Bahnstrecke Paray-le-Monial–Givors-Canal ist eine ursprünglich doppel-, heute eingleisige, nicht elektrifizierte Eisenbahnstrecke in Frankreich. Sie ist Nordwest-Südost-ausgerichtet, 134 km lang und eine wichtige Verbindung von der RegionCentre-Val de Loire in die Metropolregion Lyon, wo sie hauptsächlich dem Nahverkehr dient. Darüber hinaus stellt sie die kürzeste Verbindung für den Querverkehr zwischen Lyon und Nantes dar und dient als Ausweichstrecke nach Moulins, vor allem aber entlastet sie die Hauptstrecke Paris–Lyon vom Güterverkehr. Der Abschnitt zwischen Brignais und dem südöstlichen Endpunkt Givors wird nicht mehr im Personenverkehr bedient.
Diese Bahnstrecke ist Teil des frankreichweiten Freycinet-Streckenplans. Mit dem Gesetz vom 17. Juli 1879, mit dem 181 Eisenbahnstrecken neu in das Netz hinzugefügt werden sollten, erhielt diese Strecke als Nummer 117 Rechtsstatus. Zur Trassierung hieß es dort: „von Givors nach Paray-le-Monial, bei oder in der Nähe von l’Arbresle“.[2] Mit der Wahl des Streckenverlaufs widerspiegelt sich die enge, teils konkurrierende Verbindung zwischen Eisenbahn- und Wasserwegen, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch bestand. Givors-Canal war ein wichtiger Umschlagplatz für Güter aller Art.
Mit dem Gesetz vom 20. November 1883 wurde die zuvor am 26. Mai 1883 zwischen der Compagnie des chemins de fer de Paris à Lyon et à la Méditerranée (PLM) und dem Minister für Verkehr und öffentliche Arbeiten unterzeichnete Vereinbarung[3] formal rechtskräftig und die Trassierung Lozanne–Givors endgültig bestätigt.[4]
Am 4. Oktober 1895 ging zunächst der mittlere, ca. 30 km lange Abschnitt Lozanne–Lamure-sur-Azergues in Betrieb. In Lozanne gab es mit der Bahnstrecke Le Coteau–Saint-Germain-au-Mont-d’Or bereits seit Ende der 1860er Jahre eine Bahnverbindung; am 1. September 1900 folgte der Teil Lamure-sur-Azergues nach Paray-le-Monial. Erst am 25. November 1906 ging Lozanne–Tassin in Betrieb und am 1. Juni 1910 schließlich das letzte Stück Tassin–Givors-Canal. Alle Streckenabschnitte waeren von Anfang an doppelgleisig.[5]
Auch wenn der Güterverkehr auf dieser Strecke zufriedenstellend war, so blieb die Zahl der Passagiere bescheiden, insbesondere auf dem südlichen Teil der Strecke zwischen Tassin und Givors. Zum 1. Januar 1934 wurde der Personenverkehr zwischen Brignais und Givors folgerichtig eingestellt und nur drei Jahre später, am 1. Januar 1937 auch zwischen Tassin und Brignais. Im Zuge der Elektrifizierung benachbarter Strecken konnte der Verkehr dort beschleunigt und die Kapazität erhöht werden, sodass hier, auf dieser nicht-elektrifizierten Strecke der Verkehr abnahm.[6]
Die Zunahme der Bevölkerung aufgrund der Zersiedlung und Erweiterung des urbanen Raums rund um Lyon führte 2005 dazu, den 1937 beendeten Personenverkehr auf dem Abschnitt zwischen Tassin und Brignais wieder aufzunehmen.[6] Züge des Transport express régional brauchten 2014 für den Abschnitt Paray-le-Monial–Lozanne 90 Minuten Fahrzeit, kamen aus Nevers oder Moulins und endeten alle in Lyon-Perrache.[8]
Zwischen 2009 und 2012 wurde der Abschnitt zwischen Tassin und Brignais im Rahmen des Erneuerungsprojekts Tram-Train Lyon West umfassend modernisiert. Dabei wurden der Oberbau, die Bahnsteige und die Signaltechnik erneuert und die Elektrifizierung ergänzt. Eine zusätzliche Gleiskehre östlich des Bahnhofs Tassin sorgt dafür, dass vom Bahnhof Lyon-Saint-Paul beide Streckenäste direkt befahrbar sind. Danach wurde es möglich, dass Züge der Straßenbahn Lyon die Gleise dieser Eisenbahnstrecke mitbenutzen konnten.[9] Im Einsatz sind seitdem Wagen vom Typ Citadis Dualis.[10]
Trasse
Der Bau dieser Strecke stand unter militärstrategischen Gesichtspunkten, als er in der zweiten Hälfte der 1870er Jahre von Charles de Freycinet initiiert wurde. Es ging also um großen Güterumschlag und eine hohe Tonnage. Entsprechend wurde die Strecke zweigleisig und mit nur geringer Steigung von maximal 11 ‰ ausgelegt. Dafür war der Bau langer Rampen, weiter Kurven und Verschlingungen erforderlich. Markantestes Beispiel und in einer typischen Mittelgebirgs-Region eher selten ist der Boucle de Claveisolles, eine etwa 1,25 km × 1,5 km Durchmesser große Kreiskehre auf den Gemeindegebieten von Claveisolles und Saint-Nizier-d’Azergues. Der 591 m hohe La Roche wird von dieser Vollkreis-Schleife fast konzentrisch umrundet.
Viele weitere Kunstbauwerke waren erforderlich. Der längste Tunnel, der noch heute zu den zehn längsten Frankreichs gehört, ist der 4.153 m lange Tunnel des Écharmeaux, der zugleich auch der Scheitelpunkt der Strecke ist. Das längste Brückenbauwerk ist das 60 Meter hohe und 561 m lange Viaduc de Mussy, auf dem die Strecke das Tal des Mussy überquert. Seine 18 Bögen haben eine Spannweite von je 25 m.
Sekundärbahnen
Nach Fertigstellung dieser Strecke wurde es für andere Verkehrsinfrastruktur-Unternehmen attraktiv, sich an sie anzuschließen. So entstanden eine Reihe von Verbindungen (von Nord nach Süd):
↑ abBernard Collardey et al.: Les fermetures de lignes au trafic voyageur en France. Sonderausgabe 1930–2010: 80 ans de fermetures de lignes, Historail ISSN1957-5971, Nr. 17, 2011.