Die Bayreuther Premierenbesetzungen des Parsifal listen die Mitwirkenden an den Neuinszenierungen von Richard Wagners Bühnenweihfestspiel Parsifal auf, einschließlich der Uraufführung, die am 26. Juli 1882 bei den Bayreuther Festspielen stattfand.
In der letzten Aufführung der Uraufführungsserie im Jahr 1882 übernahm Richard Wagner im III. Akt persönlich die Stabführung von Hermann Levi, unbemerkt vom Publikum, da der überbaute Orchestergraben des Festspielhauses den Dirigenten und das Orchester für das Publikum unsichtbar machte. Es war das einzige Mal, dass der Komponist in seinem Haus selbst dirigierte.[1]
Parsifal wurde eigens für das Bayreuther Festspielhaus komponiert und sollte, wie Wagner 1880 in einem Brief an König Ludwig II. von Bayern festlegte, ausschließlich dort aufgeführt werden. Die Uraufführungsinszenierung war in Bayreuth quasi sakrosankt und stand in einem Zeitrahmen von 51 Jahren nahezu unverändert auf dem Spielplan der Festspiele. Dirigent blieb bis 1894 Hermann Levi, nur 1888 (und danach 1897) dirigierte Felix Mottl. Später übernahmen auch Franz Fischer und Karl Muck die musikalische Leitung der Parsifal-Festspielaufführungen.[2]
Die Schutzfrist von 30 Jahren nach dem Tod des Komponisten endete am 31. Dezember 1913. Jedoch bereits 1901 wandte sich die Witwe des Komponisten und Leiterin der Festspiele, Cosima Wagner, an den Deutschen Reichstag mit dem Ersuchen, das alleinige Aufführungsrecht für Bayreuth zu sichern. Die Bitte wurde abgelehnt.[3] Bereits vor Ende der Schutzfrist kam es zu nicht autorisierten Aufführungen, beispielsweise an der New Yorker Metropolitan Opera, dort am 24. Dezember 1903[4], Cosima 66. Geburtstag, und in Amsterdam.[5]
Nach Ende der Schutzfrist kam es noch innerhalb des Monats Januar 1914 zu vierzig Inszenierungen des Werkes. Die erste dieser legalen Produktionen begann in der Silvesternacht 1913 um 11:30 Uhr im Teatro Liceu von Barcelona.[5][6] Bis heute ist Parsifal das am häufigsten aufgeführte Werk der Bayreuther Festspiele.
1934
Erst 1934 wurde – im Auftrag Adolf Hitlers – eine Neuinszenierung mit Bühnenbildern von Alfred Roller, Hitlers Lieblingsbühnenbildner, gezeigt.[7] Nach der politisch bedingten Absage Arturo Toscaninis, der die Neuproduktion hätte dirigieren sollte, sprang Richard Strauss ein.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs durch den deutschen Überfall auf Polen durfte das Werk – mutmaßlich wegen seiner Versöhnungsbotschaft – auf Geheiß Hitlers in Bayreuth nicht mehr gespielt werden. Wie durch ein Wunder wurde das Bayreuther Festspielhaus im Bombenkrieg der Alliierten nicht zerstört, doch zwei Drittel der Stadt lagen in Schutt und Asche. Auch die Villa Wahnfried wurde am 5. April 1945 zur Hälfte zerstört, der Saal samt Rotunde und darüberliegender Etage sowie der südöstliche Teil des Hauses wurden weggesprengt.
1951
Als die Bayreuther Festspiele 1951 wieder neu institutionalisiert werden konnten, präsentierte der neue Künstlerische Leiter der Festspiele, Wieland Wagner, eine radikale Neufassung des Parsifals, als erste Inszenierung des „Neuen Bayreuth“. Er verzichtete auf einen detaillierten Naturalismus und stellte durch Abstraktion und suggestive Lichtregie die Musik in den Vordergrund. Das Bühnengeschehen wurde expressiv verdichtet und nur durch äußerst zurückgenommene stilisierte und bedeutungsstarke Gesten und Bewegungen unterstrichen. Sein Bayreuther Inszenierungsstil wurde zum vielfach kopierten Modell für zahlreiche Wagner-Inszenierungen bis in die 1970er-Jahre.[8][9] Die Neuinszenierung wurde von Hans Knappertsbusch dirigiert und ist auch als Schallplatte erschienen.[10] Wieland Wagners Inszenierung blieb mehr als zwanzig Jahre auf dem Bayreuther Spielplan und erreichte 101 Aufführungen. Die Premiere war mit den weltweit besten Wagner-Sängern besetzt, darunter Wolfgang Windgassen in der Titelpartie, Martha Mödl als Kundry und George London als Amfortas.
Premierenbesetzungen
In der sechsten Spalte ist die Zahl der Aufführungen der jeweiligen Inszenierung angegeben.
Wagner-Portal, Besetzung der Uraufführung, abgerufen am 15. Juli 2016
Tamino Autographs, Besetzungszettel der Aufführung vom 23. August 1934, abgerufen am 18. Juli 2016
Tamino Autographs, Besetzungszettel der Aufführung vom 23. Juli 1937, abgerufen am 18. Juli 2016
Einzelnachweise
↑»Wie wunderbar! – der König verlangt sehnlichst vom Parsifal zu hören«. Die Entstehungsgeschichte von Richard Wagners »Parsifal«. In: Thalia: Festspiel-Magazin Bayreuth 2016 Aktuelle Informationen zu den 105. Richard-Wagner-Festspielen. Hg. von Thalia.de, S. 9 bis 11, Beschreibung der Dirigatsübernahme auf S. 11.
↑Bélart: Friedrich Nietzsches Freundschaftstragödie mit Richard Wagner und Cosima Wagner-Liszt, Hamburg 2013, ISBN 978-3-86347-477-5, S. 111
↑Metropolitan Opera (New York): The United States Premiere of Richard Wagner's Parsifal, December 24, 1903, siehe: United States Premiere,New Production Parsifal (1), mit einer Ankündigung der US-Erstaufführung unter Angabe der kompletten Besetzung, abgerufen am 17. Juli 2016.
↑Wagneropera.net: Parsifal, abgerufen am 17. Juli 2016.
↑Oskar Pausch: Der Besuch Alfred Rollers bei Adolf Hitler 1934. Ein verschollenes Dokument. Abgerufen via [5153_OEZG_2_2012_S237-244_Pausch.pdf] am 18. Juli 2016.
↑Wagner Operas: Parsifal, abgerufen am 28. September 2016.
↑Für das Jahr 1934 liegt bislang nur eine Besetzungszettel der Aufführung vom 23. August vor. Dies war eine Reprise, nicht die Premiere und wurde von Franz von Hoeßlin dirigiert. Es kann auch zu Umbesetzungen bei den Sängern seit der Premiere gekommen sein.
↑Der Besetzungszettel listet Ruth Berglund, hier gewählt wurde jedoch die Schreibweise Rut Berglund, weil diese auch auf dem Besetzungszettel 1937 und in späteren Plattenaufnahmen gewählt wurde, siehe Mozart Die Zauberflöte / Beecham, Lemnitz, Berger, Rosvaenge (Memento vom 18. Juli 2016 im Internet Archive). Im Fall der Sopranistin Käthe Heidersbach wurde die Schreibweise von 1934 gewählt, weil diese auch in der Nach-NS-Zeit die geläufige war.