Erlenstegen liegt im Nordosten von Nürnberg und grenzt an die Landkreise Nürnberger Land und Erlangen-Höchstadt.
Die Geographie Erlenstegens ist geprägt von zwei Erhebungen, dem zentral gelegenen Platnersberg (335,5 m ü. NHN) mit einer etwa zehn Hektar großen Parkanlage sowie dem im Osten liegenden Kohlbuck (338 m ü. NHN). Nach Süden trennt der Wiesengrund des Pegnitztals Erlenstegen von Mögeldorf und Laufamholz.[3] Durch Erlenstegen verläuft der Fränkische Marienweg.
Der Bezirk 91 Erlenstegen besteht aus folgenden Distrikten[4]:
910 – Spitalhof
911 – Platnersberg
912 – Kohlbuck
913 – Wasserwerk
Geschichte
Der Ort wurde 1216 als Sitz des staufischen ReichsschultheißenGiselherus de Erlinstegen an der Stelle, an der eine Altstraße verlief, die spätere Goldene Straße nach Prag, erstmals urkundlich erwähnt. Giselher dürfte in Erlenstegen eine der Kleinburgen besessen haben, die zum Kranz der Reichsministerialensitze um die Reichsveste Nürnberg zählten und an dieser Stelle die Querung des Bachlaufs „Tiefgraben“ durch die Reichsstraße bewachte. Allerdings lässt sich heute nicht mehr klären, welcher der Herrensitze Erlenstegens aus dem des Reichsministerialen hervorging.
Eine Martersäule auf Höhe Erlenstegenstraße 118 (ehemaliger Kalbsgarten) mit einer Darstellung von Maria und Johannes unter dem Kreuz erinnert an die Zeit, als das Königreich Böhmen (sogenanntes Neuböhmen) bis Erlenstegen reichte. Im Ort wurden acht Herrensitze von Nürnberger Patriziern errichtet, so viele wie in der alten Nürnberger Landschaft sonst nur noch in Mögeldorf. In den Schadenslisten des Zweiten Markgrafenkriegs 1552/53 werden nur ein verbrannter und vier beschädigte „Burgerssitze“ genannt[5], 1560 notierte der reichsstädtische Landschreiber Bonifaz Nöttelein, ebenso wie später der Nürnberger Chronist Johannes Müllner, wieder sieben Herrensitze.
„Voitischer“ oder „Ebner’scher Sitz“ (ehemals 2 Herrensitze, 5 Gütlein, 1 Wirtshaus, 2 Häuser), Erlenstegenstraße 84–88. Der Sitz war 1517 im Besitz des Endres Hirschvogel und kam nach 1531 in den Besitz seines Gläubigers Hans Buchner, 1539 an Hans Stauber. Dieser soll das Herrenhaus nach Zerstörungen im Zweiten Markgrafenkrieg um 1560 wieder aufgebaut und später an Hans Voit von Wendelstein für 3.200 Gulden verkauft haben. Der Sitz blieb dann bis 1718 im Besitz der Voit von Wendelstein („erbare“ Familie des Zweiten Standes[8]), danach im Erbgang des Losungsrats Hieronymus Wilhelm Ebner von Eschenbach, der das Schloss seiner Ebnerschen Familienstiftung hinterließ, die 1766 daneben ein neues größeres Haus im Barockstil erbaute. 1943/44 durch Luftangriff schwer beschädigt, 1954 das kleine, 1965 das große Haus abgebrochen.
„Grolandscher“ oder „Scheurl’scher Sitz“, Erlenstegenstr. 111; zuerst im Besitz des Ulrich I. Groland (†1373); auf Gabriel Paul Groland (†1720) als Letztem seines Geschlechts folgt als Erbe der Losungsrat Philipp Jakob Scheurl von Defersdorf (1648–1725). 1729 Umbau des turmartigen Hauses im Barockstil, ca. 1825 verkauft.
„Kressischer Sitz“, Voßstraße 19; um 1440 entstanden, im Besitz verschiedener Bürger, ab 1638 des Freiherrn von Jöstelberg aus der Steiermark, der zu den vielen sich in Nürnberg niederlassenden Glaubensflüchtlingen (Exulanten) zählte. Vor 1700 im Besitz der Ebner von Eschenbach, ab 1763 der Kreß von Kressenstein, 1790 abgebrannt, 1791 zweigeschossig wiederhergestellt. 1812 wurden Herrenhaus, drei Zinshäuser und Voithaus getrennt abverkauft.[9]
„Wölckern’scher Sitz“, Günthersbühler Straße 15, Wohnhaus um 1600, nach 1700 vom Nürnberger Ratskonsulenten Dr. Carl Wilhelm Wölckern erworben, um 1725 aufgestockt (Saal), 1733 umgebaut, Treppenturm entfernt, neues Mansarddach mit Volutengiebeln und Dachreiter. Zubehör waren Mühle, Bauernhof und Bäckerei. Um 1815 von der Wölckernschen Familienstiftung (administriert durch die Familie Volckamer) verkauft. 1910 Chörlein vom Nürnberger Bürgerhaus Karolinenstraße 27 hierher transloziert.
„Gugelscher“ oder „Schreiber’scher Sitz“, Erlenstegenstraße 110 (der malerische Herrensitz 1944 zerstört); 1563 im Besitz des Christoph von Ploben, nach 1600 der Nürnberger Patrizierfamilie Gugel, vor 1706 der Schreiber von Grünreuth, danach der Dillherr von Thumenberg, ab 1750 der Volckamer, 1781 der Imhoff, ab 1833 in bürgerlichen Händen.
„Dietherrscher“ oder „Pömer’scher Sitz“, Erlenstegenstraße 118–120, Ende 15. Jahrhundert Besitz der Imhoff, 1497 Niclaus Sachsen, seit 1513 der Dietherr von Anwanden und ihrer Erben Waldstromer und Kreß bis ca. 1748. Danach der Pömer und wohl nach 1780 der Scheurl. Nach dem Tod der Maria Hedwig von Löffelholz geb. Scheurl (1749–1814) an Handwerker verkauft; 1944 ausgebrannt.
„Förrenbergerscher Sitz“, Erlenstegenstraße 112–114 (1978 abgebrochen); wohl vor 1500 erbaut, 1632 durch marodierende kaiserliche Truppen niedergebrannt, das nur noch eingeschossige Haus nach 1703 im Besitz der Förrenberger, 1768 Friedrich Carl Scheurl von Defersdorf, nach dem Tod seiner Tochter Maria Hedwig von Löffelholz 1814 an Bauern verkauft. 1944 niedergebrannt, danach notdürftig in Stand gesetzt, 1978 abgerissen. Erhalten sind nur ein kleiner Teil der westlichen Umfassung und des Portals.
Im 20. Jahrhundert entwickelte sich der Stadtteil zu einem Villenvorort. Erlenstegen gilt deshalb als eine der begehrtesten Wohnlagen im Stadtgebiet.[5]
Der Ort ist seit der Reformation evangelisch-lutherisch geprägt und nach St. Jobst gepfarrt.[6] Die Einwohner römisch-katholischer Konfession sind nach Allerheiligen gepfarrt.
Historisch bedeutsam ist die heutige Pfarrkirche St. Jobst, die um 1300 zunächst als Wallfahrtskapelle in Erscheinung trat, doch dann zusammen mit dem ummauerten Friedhof (Pestfriedhof) vom ehemaligen Siechkobel ihren Ursprung genommen hat. Mauerteile des 1356 geweihten Gründungsbaus sind vor allem im Bereich des polygonal gebrochenen Chores zu erkennen.
Von ursprünglich acht Herrensitzen sind nur noch wenige Gebäude in der vorstädtischen Wohn- und Villenbebauung auszumachen (Scheuerl’sches Schlösschen, Wölkern’scher Herrensitz, Kressenhof sowie Nebenbauten ehemaliger Herrensitze).
Das Wasserwerk am Ostrand der Gemarkung in geringer Entfernung von der Pegnitz besteht seit dem 19. Jahrhundert. Nordöstlich des Ortes entspringt der ca. zwei Kilometer lange Bach Tiefgraben und mündet nach einem windungsreichen Verlauf in die Pegnitz.
Freizeit
In Erlenstegen befindet sich das Freibad Naturgartenbad. Im Nordosten gibt es einen Sportverein mit Fußball- und Tennisplatz. Der an Erlenstegen grenzende Sebalder Reichswald sowie das Pegnitztal bieten Erholungsmöglichkeiten. Bei Waldschießhaus gibt es die privilegierte Hauptschützengesellschaft Nürnberg.
Horst-Dieter Beyerstedt (Hrsg.): Aus Erlenstegens Geschichte. Festschrift zum 100. Jahrestag der Eingemeindung Erlenstegens. Im Auftrag des Bürgervereins Nürnberg-St.Jobst/Erlenstegen, Nürnberg 1999.
Martina Mittenhuber, Alexander Schmidt und Bernd Windsheimer: Arbeiterwohnungen, Villen und Herrensitze. Der Nürnberger Nordosten (Nürnberger Stadtteilbücher 4, hg. von Geschichte Für Alle e. V.). Nürnberg 1998, ISBN 3-930699-11-7.
Georg Rusam: St. Jobst in Geschichte und Gegenwart (Mit 37 Bildern). Nürnberg: Evang.-Luther. Kirchengemeinde St. Jobst, 1969, 55 Seiten.
Geschichte Für Alle e. V. (Hrsg.): Zwischen Villa, Altenheim und Mietwohnung. Wohnen in Erlenstegen, St. Jobst und am Nordostbahnhof. In: Nürnberger Stadtteilhefte 2. Nürnberg 2002, ISBN 3-930699-24-9.
Hermann Rusam: Erlenstegen – Ein altes nürnbergisches Dorf im Sog großstädtischer Entwicklung. In: Mitteilungen der Altnürnberger Landschaft e. V. Nr. 1, 1986. Verlag Korn u. Berg, Nürnberg 1987, ISBN 3-87432-108-8, S. 145–160.
Hermann Rusam: Die bauliche Entwicklung des alten Ortskerns von Mögeldorf. In: Mitteilungen der Altnürnberger Landschaft e. V. Nr. 1, 1990. S. 181–200.
Hermann Rusam: Der Ortsname von Erlenstegen. In: Mitteilungen der Altnürnberger Landschaft e. V. Nr. 1, 1990. S. 344–352.
C. Seidel: Die Siechköbel vor den Mauern Nürnbergs. Erlangen-Nürnberg 1987, S. 31–40.
St. Jobst – acht Jahrhunderte Kirche an ihrem Ort. Nürnberg 1996.
↑Stadt Nürnberg, Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch der Stadt Nürnberg 2016. Dezember 2015, ISSN0944-1514, 18 Statistische Stadtteile und Bezirke, S.244–245, S. 245 (nuernberg.de [PDF; 6,3MB; abgerufen am 1. November 2017]).
↑Stadt Nürnberg, Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch der Stadt Nürnberg 2016. Dezember 2015, ISSN0944-1514, 18 Statistische Stadtteile und Bezirke, S.19–20, S. 19 (nuernberg.de [PDF; 6,3MB; abgerufen am 1. November 2017]).
↑ abJoseph Heyberger, Chr. Schmitt, v. Wachter: Topographisch-statistisches Handbuch des Königreichs Bayern nebst alphabetischem Ortslexikon. In: K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Bavaria. Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern. Band5. Literarisch-artistische Anstalt der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, München 1867, OCLC457951812, Sp.1064, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10374496-4 (Digitalisat). Dort Erlenstegen fälschlicherweise mit 32 Einwohnern angegeben. Aus der Differenz der Einwohnerzahl der Gesamtgemeinde abzüglich der Einwohner der übrigen Ortsteile ergibt sich die Einwohnerzahl 339.