Münsterlingen liegt am Bodensee zwischen Bottighofen und Altnau südöstlich von Kreuzlingen und zählt 3600 Einwohner (Stand: Ende 2023). Der Dorfkern befindet sich am südlichen Bodenseeufer, das Gelände des Klosters Münsterlingen schliesst östlich daran an.
Geschichte
Geschichte des Klosters
Der Legende nach soll das Kloster Münsterlingen um 986 von einer Schwester des Abts Gregor von Einsiedeln gegründet und der heiligen Walburga geweiht worden sein. 1125 wurde Münsterlingen erstmals als Munsterlin urkundlich erwähnt. Papst Innozenz IV. bestätigte 1254 die Augustinerregel.[7]
1839 übernahm der Kanton Thurgau einen Gebäudeflügel des Klosters und eröffnete darin 1840 das Kantonsspital.
1849 betraute er den Arzt Ludwig Binswanger mit der Behandlung der psychisch Kranken. 1893/94 erhielt diese Abteilung eigene Gebäude am See.
1972 war der rund 70 Millionen Franken teure Neubau des Kantonsspitals Münsterlingen nach langen Auseinandersetzungen bezugsbereit.[7]
1999 wurden das Kantonsspital und die Psychiatrische Klinik Münsterlingen in die Spital Thurgau AG integriert.
Geschichte der Gemeinde
Auf den 1. Januar 1994 wurde im Rahmen der thurgauischen Gemeindereorganisation die politische Gemeinde Münsterlingen gebildet. Sie besteht aus den beiden früher eigenständigen Ortsgemeinden Landschlacht und Scherzingen der früheren Munizipalgemeinde Scherzingen. Den Namen und das Wappen hat die Gemeinde von der alten Klosteranlage Münsterlingen erhalten.[7]
2005 stellte der dritte Wirtschaftssektor 97 % der Arbeitsplätze, die Klinik und das Spital beschäftigten allein 877 Personen.[7]
Nachdem 1994 die politische Gemeinde Münsterlingen gebildet worden war, bestimmte die Gemeindeversammlung 1996 das Wappen des ehemaligen Klosters Münsterlingen zum Gemeindewappen.[9]
Bevölkerung
Bevölkerungsentwicklung im Gebiet der heutigen Gemeinde Münsterlingen[10][11]
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Von den insgesamt 3553 Einwohnern der Gemeinde Münsterlingen am 31. Dezember 2023 waren 1347 bzw. 37,9 % ausländische Staatsbürger. 971 (27,3 %) waren evangelisch-reformiert und 965 (27,2 %) römisch-katholisch. Die Ortschaften zählten zu diesem Zeitpunkt folgende Bewohnerzahlen: Münsterlingen 149 Personen, Landschlacht 1494 Personen und Scherzingen 1910 Personen.[11]
Wirtschaft
In früherer Zeit wurde an den umliegenden Hängen Wein kultiviert, heute werden vor allem Ackerbau und Weidewirtschaft betrieben.
Die 1886 gegründete Weinkellerei Rutishauser, deren Geschäftsaktivitäten 2021 an die Fenaco-Tochter DiVino (seit April 2021: Rutishauser-DiVino AG[13]) übergeben wurden,[14] erzielte 2010 knapp 40 Millionen Franken Umsatz und füllte circa drei Millionen Flaschen Wein ab.[8]
Im Jahr 2016 bot Münsterlingen 2290 Personen Arbeit (umgerechnet auf Vollzeitstellen). Davon waren 1,2 % in der Land- und Forstwirtschaft, 1,8 % in Industrie, Gewerbe und Bau sowie 97,0 % im Dienstleistungssektor tätig.[5]
Wichtigste Arbeitgeber sind das Kantonsspital und die Psychiatrische Klinik.
Verkehr
Durch Münsterlingen verläuft die Hauptstrasse Schaffhausen–Rorschach. Im Schienenverkehr verfügt Münsterlingen über drei Bahnhöfe an der Seelinie: Münsterlingen-Scherzingen, Münsterlingen Spital und Landschlacht. Eine Buslinie bindet Münsterlingen an die Stadtbusnetze der nahe gelegenen Städte Kreuzlingen und Konstanz an.
Das (vom Kanton Thurgau übernommene) Kloster Münsterlingen hat eine Barockkirche. Mit dem am anderen Seeufer gelegenen Hagnau am Bodensee gibt es den Brauch, bei der sogenannten Seegfrörne die Büste des Heiligen Johannes über den zugefrorenen See in die jeweilige Partnergemeinde zu tragen. Seit 1963 steht sie wieder in der ehemaligen Klosterkirche St. Remigius zu Münsterlingen.[15]
Die St. Leonhardskapelle ist neben der Sylvesterkapelle im Überlinger Stadtteil Goldbach eine der ältesten romanischen Kapellen im Bodenseeraum. Die ältesten Teile sind vor dem Jahr 1000 entstanden. Sie wurde seit dem 11. Jahrhundert mit Fresken ausgemalt, besonders gut erhalten sind der Passionszyklus (2. Hälfte des 14. Jahrhunderts) und der datierte Leonhardszyklus von 1432. Die westliche Kapellenhälfte mit dem Eingang ist romanisch und aus groben Feldsteinen errichtet. Die andere Kapellenhälfte ist gotisch und wurde Ende des 14. Jahrhunderts angebaut. Die Kapelle ist mit gotischen Masswerkfenstern ausgestattet.
Weitere Bauten
Zwischen Dorf und See verläuft die Eisenbahnlinie Kreuzlingen–Romanshorn. Unterhalb der Bahnlinie auf einem Parkgelände am See liegen die Gebäude der 1839 gegründeten, privatisierten Psychiatrischen Klinik, ehemals Psychiatrisches Kantonsspital und der Stiftung Mansio (hervorgegangen aus den ehemaligen kantonalen IV-Betrieben, vorübergehend als Stiftung Kompass aufgetreten); oberhalb des Klosters liegt das frühere allgemeinmedizinische Kantonsspital Münsterlingen, heute Spital Thurgau AG. «Münsterlingen Seeseite» ist in der örtlichen Umgangssprache ein Euphemismus für die Psychiatrische Klinik. Die psychiatrische Anstalt in Münsterlingen kam seit 2013 in die öffentliche Kritik, weil Heimkinder aus dem katholischen Kinderheim Fischingen Anfang der 1970er-Jahre dort illegitimen Medikamentenversuchen ausgesetzt waren.[16]
↑Friedrich Meichle: Seegfrörne und Eisprozession in Vergangenheit und Gegenwart. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung. Nr.81. Thorbecke, Lindau/Konstanz 1963, S.145–170.