MB-trac ist eine Traktorenbaureihe des deutschen Kraftfahrzeugherstellers Daimler-Benz, die von den 1970er Jahren bis 1991 produziert wurde. Sie wurde auf der Basis von Unimog-Aggregaten entwickelt, hatte jedoch eine starre Hinterachse. Charakteristisch sind die vier gleich großen Räder mit Allradantrieb und die mittig positionierte Fahrerkabine. Mit dem MB-trac sollte die Konzeption des Unimogs der Landwirtschaft, für die dieser ursprünglich gedacht war, wieder nähergebracht werden.
Der MB-trac wurde bis 1991 von Mercedes-Benz produziert; seit 1992 wird er unter dem Namen WF trac von Werner Forsttechnik Trier mit vielen technischen Weiterentwicklungen und neuem Design weitergebaut und über die UNIMOG-Generalvertretungen (UGV) vertrieben. Die Marke ist weiterhin für die Daimler AG geschützt.[1]
Mit sinkenden Absatzzahlen des Unimogs in der Landwirtschaft verlor Mercedes-Benz Marktanteile im Schleppersegment. Auch wurde der Unimog in manchen Exportländern nicht als Ackerschlepper anerkannt und als Lkw besteuert. Mit einer neuartigen Entwicklung auf Basis von Unimog-Aggregaten wollte man dieser Negativtendenz entgegenwirken und einen uneingeschränkt anerkannten Traktor auf den Markt bringen. Im Mai 1967 begannen die Arbeiten am neuen Mercedes-Benz-Traktor. Mercedes-Benz A 60 hieß der erste Prototyp, der bereits die wesentlichen Merkmale des späteren MB-tracs hatte: Rahmenbauweise, gefederte Vorderachse, Sitzplatz in der Mitte und drei Anbauräume. Interne Differenzen und eine Aktionärsversammlung verhinderten eine produktive Entwicklung, bis sie letztlich gestoppt wurde.
Als bekannt wurde, dass die Deutz AG einen Konkurrenzschlepper Deutz INTRAC auf den Markt bringen wolle, wurde die Entwicklung des MB-tracs wieder aufgenommen. Tests mit Prototypen erfolgten in Holland und am Herstellungsort Gaggenau. In den Farben Kieselgrau und Feuerrot wurde der MB-trac auf der DLG-Ausstellung 1972 vorgestellt. Die Resonanz war positiv; auf der Ausstellung wurden rund 350 Bestellungen entgegengenommen. Die genaue Bezeichnung war MB-trac 65/70. Zwecks Vergleichbarkeit stand „65“ für PS und „70“ für SAE-PS (48 kW).
Der MB-trac hat vier gleich große Räder, die Kabine ist in der Mitte zwischen beiden Achsen angeordnet. Zur Ausstattung gehört eine serienmäßige Druckluftanlage, zudem war eine Front- und Heckhydraulik mit Frontzapfwelle gegen Aufpreis verfügbar.
Der MB-trac wurde hauptsächlich in der Landwirtschaft eingesetzt. Weiter waren diese Schlepper auch in der Forstwirtschaft vorzufinden sowie bei Kommunen (für den Winterdienst, die Straßenunterhaltung) und in Bauunternehmen (mit Plattenverdichter oder zur Straßenreinigung). Ferner gab es MB-trac für spezielle Zwecke. Einige fanden Verwendung beim Militär (z. B. als Flugzeugschlepper oder bei Standortverwaltungen), im Bergbau, als Zweiwegefahrzeug oder in anderen speziellen Bereichen, oft verbunden mit teils erheblichen Umbauten.
Die 1987 von Klöckner-Humboldt-Deutz und Daimler-Benz gegründete Trac-Technik-Entwicklungsgesellschaft (TTE) betrieb mit Nachdruck die Arbeiten am gemeinsamen Nachfolger des Deutz Intrac und MB-trac. Beide Partner einigten sich auf eine Konzeption aus mittig angeordneter Fahrerkabine, Motorhaube und sechs- sowie zwölfgängigem Lastschaltgetriebe; jedoch erschien eine wirtschaftliche Produktion nicht möglich. Schätzungen ergaben, dass die Nachfolgegeneration um bis zu 15 Prozent teurer als die aktuelle Generation werden würde, sodass ein gewinnbringender Absatz am Markt nicht durchsetzbar wäre. Statt eines MB-trac Nachfolgers lief 1991 eine neue Unimog-Baureihe in Gaggenau vom Band.
Die Produktion endete am 17. Dezember 1991 nach 41.365 verkauften Einheiten, darunter 24.603 mit Vierzylindermotor. Heute sind noch ungefähr 30.000 dieser Fahrzeuge im Einsatz. Der erste JCB Fastrac kam im Jahr 1991 auf den Markt und füllte teilweise die hinterlassene Marktlücke.
Fahrwerk
Das Fahrwerk der MB-tracs besteht aus einem stabilen Leiterrahmen, der in Verbindung mit einer festen Starrachse hinten und einer mit Schraubenfedern gefederten Starrachse vorn eine hohe Zuladung an der Front- und an der Heckhydraulik ermöglicht. Die Verwendung der aus dem Unimog stammenden Bauteile erfordert vier gleich große Räder. Vorne und hinten ist das Fahrgestell mit Anschlüssen für die Hydraulik und die Aufnahmen verschiedener Arbeitsgeräte versehen. Die Fahrerkabine ist zwischen den Achsen aufgebaut. Auf der Hinterachse ist Platz, z. B. für Arbeitsgeräte wie Spritzen, Kippmulden oder eine Ladefläche. Der Motor ist sehr gut zugänglich und leicht zu demontieren.
Motor
Die kleine Baureihe (65/70, 700, 800, [turbo] 900) besaß bis zum Jahr 1987 den Mercedes-Benz OM 314-Vierzylinder-Dieselmotor, der beim MB-trac turbo 900 (OM 314 A) durch einen Abgasturbolader ergänzt wurde und damit 63 kW (85 PS) leistete.
Die mittlere (1000, 1100) und große (1100, 1300, 1500) Baureihe besaß von Beginn an den aus dem Unimog und weiteren Nutzfahrzeugen bewährten Sechszylinder-Direkteinspritzer-Motor OM 352 (A). Dieser hat knapp 5,7 Liter Hubraum und erreichte im MB-trac 1500 mit Hilfe von Abgasturbolader und Kolbenbodenkühlung 110 kW (150 PS).
1987 wurden sämtliche Baureihen überarbeitet. Die kleine Baureihe (700, 800, 900 turbo) bekam den neuen Motor OM 364 (A) eingebaut; dieser hatte mehr Hubraum und erreichte in Verbindung mit einem Turbolader beim MB-trac 900 turbo (Typenkennzeichnung wurde geändert) 66 kW/90 PS.
In der mittleren (1000, 1100) und großen (1300 turbo, 1400 turbo, 1600 turbo, 1800 intercooler) Baureihe kam fortan der OM 366 (A) zum Einsatz, dieser hatte 283 cm³ mehr Hubraum, erreichte eine höhere Leistung und besaß ein besseres Ansprechverhalten als sein Vorgänger. Im MB-trac 1800 intercooler wurde die Leistung des OM 366 mit dem Zusatzkürzel LA (L = Ladeluftkühlung, A = Abgasturbolader) auf maximal 132 kW (180 PS) gesteigert, wobei dieser Motor im Unimog mit bis zu 177 kW (240 PS) und in anderen Bau- und Nutzfahrzeugen mit bis zu 221 kW (300 PS) ab Werk ausgeliefert wurde.
Den Typ MB-trac 700 gab es auch als Kommunalversion, erkennbar am Zusatz „K“, mit einer erhöhten Leistung von 53/55/67 kW (72/75/78 PS), sowie als Industrieversion mit dem Zusatz „I“ und als Grünlandversion mit einer niedrigeren Kabine (Fa. Mauser) und Grünland-Bereifung mit dem Zusatz „G“. Auch die Typen 800, 900, turbo 900, 900 turbo, 1000 und 1100 gab es als Kommunalversionen.
1800 intercooler
Das Flaggschiff der MB-trac-Reihe war ab 1990 der MB-trac 1800 intercooler, eine modifizierte Version des MB-trac 1600 turbo. Er hatte weiterhin den mit einem Abgasturbolader aufgeladenen OM-366-Motor, jedoch wurden zusätzlich ein Getriebeölkühler und ein Ladeluftkühler installiert, um die gewünschte Leistung von 132 kW (179 PS) zu erreichen.
Offiziell wurden 190 Exemplare des 1600 turbo zum 1800 intercooler aufgerüstet. Erkennungsmerkmal ist die Ausbuchtung an der Front der Motorhaube, unter der der Ladeluftkühler sitzt. Alle 190 Serienfahrzeuge (MB-trac 1600 turbo) wurden im Werk Gaggenau gebaut, dann per Lastwagen zu einer UGV in Karlsruhe transportiert und dort nach Daimler-Benz-Anweisungen modifiziert. Im Anschluss wurden sie per Lastwagen zurück ins Werk gebracht, dort durchliefen sie das Testprogramm sowie die Endkontrolle, bevor sie an die Kunden ausgeliefert wurden. Im Vorfeld rüstete bereits eine UGV in Lübeck einige MB-trac 1600 turbo auf.
Im Unimog-Museum Gaggenau ist eines dieser 190 offiziell gebauten Exemplare ausgestellt. Neben einer Sonderlackierung in einem dunklen Anthrazit sind einige Teile verchromt. Das brachte ihm den Spitznamen „Black Beauty“ ein. Entölt und konserviert erinnert der MB-trac an knapp 25 Jahre Mercedes-Benz-Schlepperbau.
Fortbestand des Konzeptes
Es gab, vorwiegend für landwirtschaftliche Belange, Nachfolgefahrzeuge anderer Hersteller. Sie erhielten eine typische Formgebung, die dem „Gesicht“ der letzten, schweren Baureihe des MB-trac sehr ähnlich war. Dabei handelte es sich um den „LTS trac 160“ von LTS (Landtechnik Schönebeck) und den „Doppstadt trac 160“ von Doppstadt. Da LTS mit dem LTS trac 160 (OM 366 A) keine hohen Absatzzahlen erzielte und deshalb nach Investoren suchte, übernahm Doppstadt die von LTS geleistete Vorarbeit und entwickelte das Trac-Konzept weiter. Nach dem Vorbild MB baute Doppstadt kleine und große Tracs von 59–151 kW (80–205 PS) und lieferte sie – bis zur Schließung ihres Traktorenwerks im Jahr 2006 – mit Daimler-Motoren bis 147 kW (200 PS), Allradlenkung und Lastschaltgetriebe aus.
Die Doppstadt tracs sowie LTS tracs konnten aber nie an den Erfolg des MB-tracs anknüpfen; es entstanden weniger als 500 Einheiten. Bereits zeitgleich mit dem MB-trac auf dem Markt war der konzeptionell ähnliche Traktor Eurotrac von Schlüter. Da bei Schlüter die Verkaufszahlen genauso sanken und sie vom bevorstehenden Ende des MB-trac informiert wurden, sah das Unternehmen (später Landtechnik Schlüter [1993–1995] → Schlepperteile Egelseer [1995–heute]) eine Chance, mit dem Eurotrac diese Marktlücke zu schließen. Mit der Auflösung der Firma Anton Schlüter wurde auch dieses Fahrzeug noch geraume Zeit von anderen Herstellern gebaut und 2005 der letzte Schlüter Eurotrac vom Typ „2000LS“ verkauft. Nach dem Ende des Schlepperbaus bei Mercedes-Benz gab es einige Jahre den Xylon von AGCO/Fendt und 1999 stellte Fendt auf der Agritechnica noch die Studie Evo vor.[3]
Beide sind heute, ebenso wie der Systemschlepper Fendt-Geräteträger, nicht mehr am Markt. Aber sie hatten, wie auch der MB-trac, auf dem Gebrauchtmarkt noch geraume Zeit eine Bedeutung. Das Konzept der „Tracs“ und Systemschlepper wird bis heute von JCB mit dem „Fastrac“ und seitens Claas mit der Baureihe „Xerion“ weiterverfolgt. Ab 1993 entwickelte Werner Forst- und Industrietechnik in Trier den MB-trac zu einem in der Forstwirtschaft universell einsetzbaren Fahrzeug, dem WF trac, weiter.
In jüngerer Zeit stellten verschiedene Hersteller neue Schlepper vor, zum Beispiel den „Trisix“ von AGCO/Fendt oder den „Agro XXL“ von Deutz-Fahr. Diese sind in Grundzügen dem MB-trac ähnlich, durch gleich große Reifen, eine Kabine etwa in der Mitte und zum Teil auch mit Aufbaumöglichkeiten im Bereich des hinteren Fahrzeugteils. Wegen des zeitlichen Abstands und der im Vergleich mit dem MB-trac anderen Leistungsklasse sind diese Fahrzeuge jedoch keine direkten Nachfolger. Sie sind eher als eine Weiterentwicklung der Standardschlepper anzusehen. Überdies führten die gestiegenen Motorleistungen zu neuen Überlegungen bezüglich der baulichen Gegebenheiten. Unter anderem reichten die zwei Achsen auch mit Zwillings- oder Drillingsbereifung nicht mehr aus, die Zugkraft zu übertragen und dem Gewicht standzuhalten, und der Zugang zu öffentlichen Straßen wäre schwer geworden.
Literatur
Oliver Aust: MB-trac im Einsatz. Podszun, Brilon 2006, ISBN 3-86133-423-2.
Michel Kaiser: Mb-Trac mit Forstaufbauten von Werner, Ritter und Nagel. Podszun, Brilon 2012, ISBN 978-3-86133-640-2.
Ralf Maile: Mercedes Benz MB trac. Kosmos Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-440-10766-9.
Ralf Maile: MB-Trac Schlepper von Mercedes Benz. Klaus Rabe Verlag, Waiblingen 2011, ISBN 978-3-926071-44-6.
Werner Schmeing, Hans Jürgen Wischhof: Traktoren der Daimer Benz AG 2. überarbeitete Auflage, DLG Verlag, Wischhof-Verlag 2015, ISBN 978-3-7690-0832-6.
Ulf Kaack: Mercedes MB-Trac Typengeschichte und Technik. Gera-Mond Verlag, Bassum 2013, ISBN 978-3-86245-717-5.