In vielen Streitkräften finden sich mit dem deutschen Oberst vergleichbare Dienstgrade, die häufig auf das lateinischecolumnella (Verkleinerungsform von columna, deutschSäule) zurückgehen und daher ähnlich wie das englische und französischecolonel lauten.
Die Dienstgradbezeichnung „Oberst“ geht auf den Superlativ von „oben“ zurück. Die Bezeichnung rührt daher, dass wegen der Zunahme der Mannstärke und Waffengattungen einer Armee des 16. Jahrhunderts die Führung der durch (Feld-)Hauptleute geführten Fähnlein schwieriger wurde, Kriegsherren daher etwa zehn Fähnlein (etwa 4000–5000 Landsknechte) zu einem Regiment gruppierten und als Vorgesetzten der (Feld-)Hauptleute einen „Obersten (Feld-)Hauptmann“ bestimmten.[A 1] Daraus entwickelte sich die Kurzbezeichnung „Obrist“[A 2] und im 18. Jahrhundert in Preußen und Österreich die bis heute gebräuchliche Dienstgradbezeichnung „Oberst“. Bis 1945 wurde der Dienstgrad im Deutschen Reich üblicherweise mit „Obst.“ abgekürzt.
In Rom war columnella allerdings keine Rangbezeichnung. Erst im italienischen Militär bildete sich daraus im 16. Jahrhundert die Bezeichnung colonnello als Titel eines militärischen Führers. Vermutlich war colonnello die Kurzform für die Verwendungsbezeichnung colonnello capitano (deutsch: „Hauptmann einer Kolonne“, Kolonnenführer). Auch im spanischen Militär kam der Begriff Kolonne unter Ferdinand II. als colunela in Gebrauch. Die damaligen spanischen Kolonnen bestanden aus knapp 1.000 bis 1.250 Mann, ihr Anführer war der cabo de colunela (deutsch: „Haupt einer Kolonne“, Kolonnenführer). Im Französischen tauchte der Begriff im 17. Jahrhundert in der Variante colonel auf. Die Briten übernahmen die Bezeichnung colonel aus dem französischen Heerwesen. Die Aussprache schliff sich in England im Laufe der Zeit zum heutigen ˈkəːn(ə)l[1] ab.[2]
Polkownik
Im Russischen lautet die traditionelle Bezeichnung des Dienstrangs Polkownik[3] (russischПолковник), ähnlich in vielen verwandten Sprachen (z. B. polnischPułkownik, tschechischPlukovník, serbischПуковник,Pukovnik). Das Wort stammt aus der altslawischen Wurzel polk (полк), was im militärischen Kontext eine Truppenansammlung (meist mit „Regiment“ übersetzt) bedeutet und mit dem deutschen Lehnwort Pulk verwandt ist; Polkownik bedeutet demnach so viel wie Chef eines Heerhaufens oder „Regimentsführer“.
Pluralformen
Der Plural von „Oberst“ ist laut Duden meist „Obersten“ oder seltener „Oberste“.[4] Eine besonders eindeutige Präferenz für eine der beiden Pluralformen ist im zivilen[A 3] wie im militärischen Sprachgebrauch nicht auszumachen. „Obersten“ wird häufiger in Verbindung mit einem bestimmten Artikel gebraucht, während „Oberste“ stets gebraucht werden kann.[A 4]
Die Obersten werden nach der Bundesbesoldungsordnung (BBesO) mit A 16, B 2 oder B 3besoldet.[10] Nur in herausgehobenen Verwendungen (z. B. Referatsleiter im Ministerium) ist die Besoldung nach B 3 vorgesehen. So sind im Einzelplan 14 von 2024 für Oberste 1351 Stellen vorgesehen gewesen, von denen 1052 (ca. 78 %) auf die Besoldungsgruppe A 16 entfielen, 1 (weniger als 0,1 %) auf B 2 und 298 (22 %) auf B 3.[19]
Im Sinne der ZDv 14/5 und der Anordnung des Bundespräsidenten ist der Oberst bzw. Kapitän zur See über dem rangniedrigeren Oberstleutnant bzw. Fregattenkapitän und unter dem ranghöheren Brigadegeneral bzw. Flottillenadmiral eingeordnet (erste Dienstgradbezeichnung jeweils für Heeres- und Luftwaffenuniformträger; zweite Dienstgradbezeichnung für Marineuniformträger).[6][8][18] Die zum Oberstleutnant ranggleichen Sanitätsoffizierdienstgrade sind die nach Approbationsrichtung unterschiedlich lautenden Dienstgrade Oberfeldarzt, Oberfeldapotheker und Oberfeldveterinär bzw. Flottillenarzt und Flottillenapotheker (ersten drei Dienstgradbezeichnungen für Heeres- und Luftwaffenuniformträger; letzten beiden Dienstgradbezeichnungen für Marineuniformträger).[8] Die zum Brigadegeneral ranggleichen Sanitätsoffizierdienstgrade sind die nach Approbation und Uniformträgerbereich unterschiedlich lautenden Dienstgrade Generalarzt und Generalapotheker bzw. Admiralarzt (ersten beiden Dienstgradbezeichnungen für Heeres- und Luftwaffenuniformträger; letzte Dienstgradbezeichnung für Marineuniformträger).[8]
Im österreichischen Bundesheer ist der zwischen Oberstleutnant und Brigadier stehende Oberst (Abkürzung: Obst) der fünfthöchste Offiziersdienstgrad (Verwendungsgruppe M BO 1 und M BO 2).
Einordnung: Rekruten – Chargen – Unteroffiziere – Offiziere Alle Dienstgrade auf einen Blick:Bundesheer-Dienstgrade
Außerdem wird die Verwendungsbezeichnung Oberst für Leitende Beamte (E1) der Exekutive in Österreich, dazu gehören Bundespolizei und Justizwache, verwendet. Da es sich bei den genannten Wachkörpern um zivile Körperschaften handelt, die lediglich nach militärischem Muster organisiert sind, handelt es sich jedoch nicht um „Polizeioffiziere“, sondern sie führen lediglich Offiziersränge als Verwendungsbezeichnung.
In der Schweizer Armee steht der Oberst oberhalb des Oberstleutnants und unter dem Brigadier. In Friedenszeiten ist er der vierthöchste Offiziersdienstgrad. In Auslandseinsätzen wird er als Colonel (Col) bezeichnet.
Der Oberst ist Kommandant eines Kommandos (Gren Kdo, Flpl Kdo), des Ingenieurstabes der Armee oder eines Flab-Clusters. Diese Formationen sind vergleichbar mit Regimentern. Als Stabsoffizier nimmt der Oberst in den Stäben des Heeres, der Luftwaffe und den Territorialregionen verschiedene Fachfunktionen wahr. In den Brigaden nimmt der Oberst (im Generalstab – i Gst) die Rolle des Kommandanten-Stellvertreters und/oder des Stabschefs wahr. In der Militärjustiz bekleiden die Präsidenten I der Militärgerichte den Rang eines Obersten. Das Dienstgradabzeichen zeigt bei der Schweizer Armee drei breite Streifen.
Einordnung: Mannschaften – Unteroffiziere – Höhere Unteroffiziere – Subalternoffiziere – Hauptleute – Stabsoffiziere – Höhere Stabsoffiziere – Oberbefehlshaber der Armee Alle Grade auf einen Blick:Grade der Schweizer Armee
In Brasilien entspricht der Dienstgrad „Oberst“ dem Rang des Coronel im Heer. Dieser Rang steht über dem Tenente Coronel (deutsch: Oberstleutnant) und unter dem General de Brigada (deutsch: Brigadegeneral).
In der Luftwaffe steht der Coronel über dem Tenente Coronel (deutsch: Oberstleutnant) und unter dem Brigadeiro (deutsch: Brigadegeneral).
In der Marine ist das Äquivalent der Capitão de Mar e Guerra (deutsch: Kapitän zur See). Dieser Rang steht über dem Capitão de Fragata (deutsch: Fregattenkapitän) und unter dem Contra Almirante (deutsch: Konteradmiral).
Französische Streitkräfte
Colonel
In Frankreich entspricht der Dienstgrad „Oberst“ dem Rang des Colonel. Dieser Rang steht über dem Lieutenant-Colonel (deutsch: Oberstleutnant) und unter dem Général de brigade. Ein Colonel führt u. a. ein Regiment.
Der Rang des Colonels wurde 1534 eingeführt, doch bereits 1544 durch die Bezeichnung Mestre de camp ersetzt, um Verwechslungen mit der neu eingeführten Würde des Colonel Général de l'Infanterie Françoise & Étrangère („Generaloberst der französischen und fremden Infanterie“) zu vermeiden. In Zeiten der vorübergehenden Vakanz des Postens des Colonel général, zwischen 1661 und 1721 sowie von 1730 bis 1780, erhielten die Regimentschefs erneut den Colonel-Titel. Mit Umwandlung der Infanterie-Regimenter in Halbbrigaden (demi-brigade), zwischen 1793 und 1803, trat an die Stelle der Colonels der Chef de brigade.
In der Kavallerie wurde der Colonel (als Regimentsinhaber und Regimentskommandeur) weiterhin als Mestre de camp bezeichnet. Ab 1793/94 bis 1803 wurde auch hier der Rang des Colonel bzw. Mestre de camp durch den Chef de brigade ersetzt, auch wenn in der Kavallerie – im Gegensatz zur Infanterie – die Bezeichnung Regiment beibehalten worden war. Danach lautete der Dienstgrad für beide Waffengattungen wieder Colonel.
War der Regimentsinhaber eine höhergestellte Persönlichkeit, die kein Interesse daran hatte sein Regiment persönlich zu führen (z. B. der König) so überließ er das Kommando einem Colonel en second (oder auch Colonel-lieutenant) bzw. einem Mestre de camp en second (oder Mestre de camp-lieutenant)
Operativ führt ein Colonel eine Brigade mit sechs bis sieben Bataillonen und damit 3.000 bis 4.000 Soldaten. Die US-Soldstufe eines Colonels ist O-6, der NATO-Rangcode OF-5.
Der dem deutschen Dienstgrad Oberst entsprechende russische Dienstgrad ist der Polkownik (russische Schreibweise: Полковник). Der Polkownik wurde im zaristischenRussland zur Zeit Iwans IV. im 16. Jahrhundert eingeführt. Er hat sich noch in der Kaiserlich Russischen Armee bis 1917 bewahrt. In diesen Rang wurden im Allgemeinen Kommandeure militärischer Verbände mit Regimentsstatus eingewiesen. In der Roten Arbeiter- und Bauernarmee wurde die alte russische Rangbezeichnung Polkownik mit wechselnden Dienstgradabzeichen wieder eingeführt und seither beibehalten. Sowohl in den ehemaligen Armeen als auch im heutigen russischen Heer ist der Rang des Polkownik (OF-5) zwischen den dem deutschen Oberstleutnant und dem deutschen Generalmajor entsprechenden Dienstgraden angesiedelt.
Britische Streitkräfte
Colonel der British Army
Group Captain der Royal Air Force
Captain der Royal Navy
Im Britischen Heer gibt es neben dem regulären Oberst (Colonel ([ˈkɜːnəl] oder [ˈkərnəl]), Kürzel Col), der häufig Kommandeur eines Regiments ist, auch den Colonel-in-Chief. Dieser entspricht dem deutschen Regimentschef. Häufig sind Angehörige der königlichen Familie Colonel-in-chief eines Regimentes.
Häufig wurden Generäle am Ende ihrer Karriere ehrenhalber Colonel of the Regiment desjenigen Regiments, zu dem sie in ihrer Dienstzeit eine besondere Beziehung hatten. So wurde GeneralleutnantDrury Curzon Drury-Lowe 1892 Chef des 17th Lancers-Regiments, das er als Kommandeur 1879 in der Schlacht bei Ulundi angeführt hatte.
In der Royal Air Force ist die Entsprechung des deutschen Oberst dagegen der Group Captain (Anrede Captain, Kürzel Gp Capt). Der Group Captain hat wie der Army-Colonel und der Navy-Captain den zweithöchste Rang des Offizierskorps inne. In der Truppenhierarchie steht er über dem Wing Commander und unter dem Air Commodore. Sein NATO-Rangcode lautet OF-5.
Anmerkung: In der British Army gibt es den Rang des Captain (Capt) ebenfalls, dieser bezieht sich jedoch auf einen Offizier des NATO-Rangcodes OF-2, also einen Offizier mit deutlich kleinerem Verantwortungsbereich. Die deutsche Entsprechung hierfür ist ein Hauptmann.
↑Wenn die Truppe durch einen Militärunternehmer aufgestellt und finanziert wurde, so wurde er Regimentschef oder Regimentsinhaber genannt. Sein Regiment bot er gegen Bezahlung Kriegsherren an. Häufig führte der Militärunternehmer selbst als Obrist als militärischer Vorgesetzter sein Regiment.
↑Vgl. auch das „Regime der Obristen“, wo der Begriff im 20. Jahrhundert auflebte. Nach Duden ist „Obrist“ heute als Alternativform von Oberst veraltet. Stattdessen bezeichnet es heute abwertend die Mitglieder einer Militärjunta, vgl. Obrist, der. In: duden.de.Bibliographisches Institut GmbH, Dudenverlag, 2013, abgerufen am 12. November 2014.
↑Vgl. dazu (Obersten)-(Oberste). In: Google booksNgram Viewer.Google LLC, abgerufen am 14. November 2014 (englisch, Die größte Verbreitung des Wortes „Obersten“ relativ zu „Oberste“ ergibt sich in deutschsprachigen Büchern seit 1800 demnach um 1955. Seitdem wird der Häufigkeitsunterschied zwischen beiden Begriffe wieder kleiner.).
↑In Kenntnis der Etymologie des Wortes als Superlativ von „oben“ in der Kombination „oberste Hauptleute“ wird man „Oberst“ eher wie das Superlativ von „oben“ deklinieren. Begreift man „Oberst“ dagegen als von seiner ursprüngliche Bedeutung gelösten Eigennamen, liegt die Deklination zu „Oberste“ genauso nah wie „Leutnante“ oder „Generale“ als Pluralformen von „Leutnant“ bzw. „General“.
↑Die 141⁄2-Jahresfrist gilt für Fliegendes Personal, Offiziere im Kommando Spezialkräfte, die für besondere Einsätze verwendet werden sowie für Kampfschwimmer. Für alle anderen Offiziere (außer Militärmusikoffiziere) sieht die ZDv 20/7 eine Frist von 15 Jahren vor. Bei einer Einstellung mit Dienstgrad Oberleutnant, Hauptmann, Major oder Oberstleutnant verkürzt sich die Frist entsprechend der ZDv 20/7.
↑Die Militärmusikoffiziere werden hier explizit erwähnt, weil im Gegensatz zu allen anderen Offizieren ihre Mindestdienstzeiten nicht auf den Zeitpunkt der Ernennung zum Offizier, sondern immer auf die Zeit seit Ernennung zum Hauptmann bezogen ist. Die Zehnjahresfrist bezieht sich auf die Militärmusikoffiziere, die mit dem Dienstgrad Hauptmann in diese Laufbahn eingestellt wurden. Alle anderen Musikoffiziere (also die zuvor Militärmusikoffizieranwärter waren) können 13 Jahre nach Ernennung zum Hauptmann zum Oberst ernannt werden.
↑Als Oberst (nicht aber als Militärmusikoffizier) kann gemäß Soldatenlaufbahnverordnung eingestellt werden, wer neben einer für die geplanten Verwendung einschlägigen sechsjährigen praktischen Tätigkeit nachweisen kann und zusätzlich (a) ein Masterstudium erfolgreich absolviert hat und über mindestens zwei zusätzliche Jahre und sechs Monate (insgesamt also achteinhalb Jahre) einschlägige Berufserfahrung verfügt oder (b) die Befähigung zum Richteramt erlangt hat (= zweites juristisches Staatsexamen) oder (c) die Befähigung für eine Laufbahn des höheren Dienstes des Bundes erlangt hat oder (d) Doktor-Ingenieur (Dr.-Ing.) bzw. Doktor der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) ist.
↑Die Altersgrenzen wurden mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz 2009 neu bestimmt, vgl. insbes. Änderungen betreffend § 45 SG und Übergangsbestimmungen gem. § 96 SG. Vgl. Gesetz zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz-DNeuG). In: Bundesanzeiger Verlag (Hrsg.): BGBl. Teil 1, G 5702. Band2009, Nr.7. Bonn 11. Februar 2009, S.160–275 (BGBl. 2009 I Nr. 7 [abgerufen am 14. November 2014]).
↑Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin; Deutsch-Russisches Wörterbuch, H.H. Bielefeld, 7. Unveränderte Auflage, Akademie-Verlag Berlin 1970; Lizenznummer: 202 100/242/70; Inhalt XI — „Das russische Alphabet“; Spalte: deutsche Umschrift in Eigennamen.
↑ abDer Bundesminister der Verteidigung; Abteilung Personal-, Sozial- und Zentralangelegenheiten (Hrsg.): ZDv 20/7. Bestimmungen für die Beförderung und für die Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten. Bonn 27. März 2002, Art. 635 (PDF (Memento vom 26. Oktober 2014 im Internet Archive) [abgerufen am 26. März 2014] DSK AP210100187, Neudruck Januar 2008).
↑ abDie äquivalenten, ranghöheren und rangniedrigeren Dienstgrade sind im Sinne der ZDv 14/5 B 185 angegeben, vgl. Der Bundesminister der Verteidigung (Hrsg.): ZDv 14/5. Soldatengesetz. DSK AV110100174, Änderungsstand 17. Juli 2008. Bonn 21. August 1978, Dienstgradbezeichnungen in der Bundeswehr, S.B 185 (Nicht zu verwechseln mit dem Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz). Die in der Infobox dargestellte Reihenfolge der Dienstgrade entspricht nicht notwendigerweise einer der in der Soldatenlaufbahnverordnung vorgesehenen regelmäßig durchlaufenen Dienstgradabfolgen und auch nicht notwendigerweise der in der Vorgesetztenverordnung beschriebenen Dienstgradhierarchie im Sinne eines Vorgesetztenverhältnisses).