Das Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie AdöR, kurz Pfalzklinikum, ist Träger von Angeboten der seelischen Gesundheit in der Pfalz. Der Hauptsitz befindet sich in Klingenmünster.
Das Gesundheits- und Sozialunternehmen wird in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts geführt.[1] Träger des Pfalzklinikums ist der Bezirksverband Pfalz, ein höherer Kommunalverband. Das Pfalzklinikum unterhält 15 Einrichtungen an 12 Standorten in der Pfalz. Es ist Alleingesellschafter des Gemeindepsychiatrischen Zentrums Vorderpfalz GmbH in Speyer sowie des Medizinischen Versorgungszentrums Pfalzklinikum GmbH mit Sitz in Kaiserslautern.
Das Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie ist als Wohnplatz der Ortsgemeinde Klingenmünster ausgewiesen und befindet sich im Norden der Gemeindegemarkung abseits des Kernortes zwischen Klingbach und Kaiserbach. Zwei Kilometer westlich erstreckt sich der Treutelsberg. Weiter nördlich befindet sich der ebenfalls zu Klingenmünster gehörende Wohnplatz Kaiserbacher Mühle.
Der Friedhof befindet sich bereits auf der Gemarkung der Nachbargemeinde Göcklingen.
Kaiserslautern: Klinik, Tagesklinik und psychiatrische Institutsambulanz
Speyer: Tagesklinik und psychiatrische Institutsambulanz
Landau: Tagesklinik und psychiatrische Institutsambulanz
Wörth: Tagesklinik und psychiatrische Institutsambulanz
Klingenmünster: Angebote der Allgemein- und Gerontopsychiatrie, Wohnangebote, ambulante Pflege, Schlafmedizin, Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen, Neurologie
Standorte der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Speyer: Tagesklinik und psychiatrische Institutsambulanz
Kaiserslautern: Tagesklinik und psychiatrische Institutsambulanz
Pirmasens: Tagesklinik und psychiatrische Institutsambulanz
Klingenmünster: Differenziertes Angebot
Standorte der Gemeindepsychiatrie
Rockenhausen: Ambulante psychiatrische Pflege und Betreuung
Kaiserslautern: Ambulante psychiatrische Pflege und Betreuung
Rodalben: Betreuen – Fördern – Wohnen
Speyer: Ambulante psychiatrische Pflege und Betreuung, Gemeindepsychiatrisches Zentrum Vorderpfalz GmbH, Tagesstätten
Bad Bergzabern: Betreuen – Fördern – Wohnen, Tagesstätte Demenz
Klingenmünster: Wohnangebote, ambulante psychiatrische Pflege und Betreuung
Standorte der integrativen Versorgung
Rockenhausen
Kaiserslautern: Medizinisches Versorgungszentrum
Klingenmünster
Architektur
Die Anlage des Klinikums ist gemäß der Denkmalliste des Landes Rheinland-Pfalz als Denkmalzone ausgewiesen. Das Hauptgebäude, das in architektonischer Hinsicht an eine Kaserne erinnert, stellt eine dreigeschossige Anlage mit Seitenrisaliten und Dachreiter in historisierenden spätklassizistischen Formen dar; im Mittelteil sind Arkaden im Erdgeschoss vorhanden. Darüber hinaus existieren zwei weitere Bauten mit zwei Stockwerken. Hinzu kommt ein dreigeschossiger Bau, der während der 1920er 1930er Jahre errichtet wurde, der Werkstätte enthält.
Bedeutung
Insgesamt verfügt das Pfalzklinikum über etwa 1000 Betten und Plätze. Jährlich werden rund 30.000 Patienten stationär, teilstationär oder ambulant behandelt und betreut. Für etwa 160 Bewohner werden stationäre und ambulante Wohnangebote zur Verfügung gestellt. Der ambulante psychiatrische Pflegedienst betreut etwa 200 Klienten pro Jahr (Stand: Januar 2012). In zwei Tagesstätten werden psychisch Beeinträchtigte (Speyer) und Menschen mit demenziellen Erkrankungen (Bad Bergzabern) betreut. Das Pfalzklinikum hat ca. 1500 Beschäftigte, davon rund 1300 Vollzeitstellen.[2] Darüber hinaus ist die Klinik Eigentümerin des nahen Martinsturms.
Leistungsprofil
Das Pfalzklinikum ist ein Anbieter stationärer, ambulanter und rehabilitativer Dienstleistungen im Bereich der seelischen Gesundheit. Zur Verfügung gestellt werden Angebote im kinder- und jugendpsychiatrischen (sowie psychosomatischen), psychiatrischen, gerontopsychiatrischen, psychosomatischen, psychotherapeutischen, neurologischen, sozialtherapeutischen und gemeindepsychiatrischen Bereich.[1]
Klinik für Gerontopsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie mit Angeboten in den Landkreisen Südliche Weinstraße, Germersheim und Rhein-Pfalz-Kreis sowie den kreisfreien Städten Landau und Speyer
Zur Durchführung der pflegerischen Ausbildungen steht dem Pfalzklinikum eine eigene Krankenpflegeschule zur Verfügung, welche in Kooperation mit dem Klinikum Landau-Südliche Weinstraße betrieben wird.[5] Innerbetriebliche Fortbildungen und Mitarbeiterseminare werden durch ein eigens hierfür gegründetes Fort- und Weiterbildungszentrum koordiniert.[4][6] In Kooperation mit der Katholischen Hochschule Mainz wird ab Wintersemester 2013 eine akademische Ausbildung für Pflegekräfte der Psychiatrie auf Bachelor/Master-Niveau angeboten. Hierfür wurde die Stiftungsprofessur „Erweiterte Pflegekompetenzen bei langfristigem Versorgungsbedarf (Schwerpunkt Psychiatrie)“ eingerichtet.[7] Zur Förderung akademischen Nachwuchses im medizinischen Bereich können Stipendien ausgegeben werden.[8]
Die Institution wurde Ende 1857 als Kreis-Irrenanstalt Klingenmünster gegründet. 1910 wurde sie in Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster umbenannt. Während der Zeit des Nationalsozialismus war sie in die Aktion T4 verwickelt und gab in diesem Zusammenhang Patienten an die Tötungsanstalt Grafeneck ab. 1953 erfolgte eine erneute Umbenennung, diesmal in Pfälzische Nervenklinik Landeck. Ab 1973 trug sie den Namen Pfalzklinik Landeck. Seit 2004 verfügt sie über eine eigene Werkfeuerwehr, die eine Wache und 65 Personen umfasst.
Aktuelle Entwicklungen
Gedenken
1993 wurde ein Gedenkstein für die Opfer der NS-Psychiatrie eingeweiht. Seit 1996 beteiligt sich das Pfalzklinikum jährlich im Rahmen einer Gedenkveranstaltung am nationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. 2003 wurde die Ausstellung „Euthanasie in Hadamar und Klingenmünster“ gezeigt, die von mehr als 25.000 Menschen besucht wurde. Seit 2004 wird ein Teil des Klinikfriedhofs zu einer Gedenkstätte umgestaltet. 2012 machte die Wanderausstellung „NS-Psychiatrie in der Pfalz“ des Pfalzklinikums in Klingenmünster Station.[9][10] Von Januar bis April 2014 zeigte das Pfalzklinikum die Ausstellung Im Gedenken der Kinder. Die Kinderärzte und die Verbrechen an Kindern in der NS-Zeit.[11]
Ambulante Versorgung
Dem Trend zur ambulanten Behandlung folgend hat das Pfalzklinikum folgende Einrichtungen ausgebaut: acht psychiatrische Institutsambulanzen an den Standorten der Kliniken und Tageskliniken für Erwachsene, drei psychiatrische Institutsambulanzen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie (IAP) in Klingenmünster, Kaiserslautern, Pirmasens und Speyer, eine forensisch-psychiatrische Ambulanz der Klinik für Forensische Psychiatrie, den ambulanten psychiatrischen Pflege- und Betreuungsdienst (appb), und eine Tagesstätte für Menschen mit Demenz.
Interdisziplinäres Schlafzentrum
Das Schlafzentrum des Pfalzklinikums ist eine seit 1988 existierende, spezialisierte Einheit, in welcher Schlafstörungen erkannt und behandelt werden können. 2001 wurde es auf 10 Behandlungseinheiten ausgebaut.
Klinik für Neurologie
Die Klinik für Neurologie befindet sich seit 2006 in einem neu errichteten Gebäude. Die Station verfügt nun über 54 Betten. Die technische Ausstattung umfasst einen Spiral-Computertomographen, einen Kernspintomographen sowie Röntgen- und Ultraschalldiagnostik und elektrophysiologische Techniken.
Verkehr
Unmittelbar östlich führt die Bundesstraße 48 vorbei. Die Klinik ist über eine Bushaltestelle angebunden, die von mehreren Buslinien bedient wird, beispielsweise der Linie 531, die von Landau in der Pfalz nach Annweiler am Trifels führt und der Linie 540 von Landau nach Bad Bergzabern.
Wirkungsgeschichte
In der Pfalz, hauptsächlich in der Süd- und Vorderpfalz, und auch im jenseits des Rheins gelegenen Nordbaden wird über einen Menschen, dem man psychische Probleme unterstellt, mitunter abschätzig gesagt: „Der gehört nach Klingenmünster!“
Persönlichkeiten
Kurt Heinrich (1925–2015), Mediziner und Psychiater, amtierte von 1971 bis 1972 als Leitender Direktor
Otfried K. Linde (1932–2019), Pharmazeut und Volkswirtschaftler, bekleidete jahrelang die Position des Pharmaziedirektors
Gerhart Mall (1909–1983), Psychiater, Neurologe und Psychologe, 1952 bis 1971 Medizinalrat und Direktor
Dörthe Muth (1932–2019), Politikerin und Richterin, war als Mitglied des Bezirkstages Pfalz Teil des Krankenhausausschusses, der für die Belange Klinik zuständig war
Alexander Sand (1928–2013), katholischer Theologe und Neutestamentler, wirkte vor Ort als Pfarrer
Herbert Stoll (1905–1962), Mundartdichter, wurde zwischen 1950 und 1954 viermal vor Ort eingewiesen
Literatur
Christof Beyer: Von der Kreisirrenanstalt zum Pfalzklinikum. Eine Geschichte der Psychiatrie in Klingenmünster. Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde, Kaiserslautern 2009, ISBN 978-3-927754-68-3.
Gabriele Carpano-Diehl: Euthanasie-Verdacht in der Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster 1944–1946. Tectum, Marburg 2012.
Die Rheinpfalz: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Euthanasie-Verdacht. 1993.
Bernhard Kukatzki: Töteten NS-Ärzte auch in Klingenmünster? Eine Dokumentation über den Umgang mit der Vergangenheit der Pfalzklinik Landeck. Schifferstadt 1993.
Otfried K. Linde: Eugenik und „Euthanasie“ im NS-Staat – ihre Wurzeln und was von ihnen übrig blieb. In: Albert H. Keil, Gemeinde Dirmstein (Hrsg.): „Dirmstein erinnert sich“. Tage des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Dirmstein 2009 (Online [PDF; 333kB]).
Karl Scherer, Otfried K. Linde und Roland Paul (Hrsg.): Die Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster 1933–1945. Psychiatrie im Nationalsozialismus. Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde, Kaiserslautern 1998, ISBN 3-927754-34-X (2 weitere Auflagen).
Otfried Linde u. a.: Die Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster 1933–1945 (= Beiträge zur pfälzischen Geschichte. Band 14). Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde, Kaiserslautern 2003.
M. Müller: Töteten NS-Ärzte auch in Klingenmünster? In: Rheinpfalz. Nr. 138, 1993.
Monika Pritzel, Reinhard Steinberg (Hrsg.): 150 Jahre Pfalzklinikum. Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde in Klingenmünster. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-515-10091-5.
Bezirksverband Pfalz, Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie (Hrsg.): NS-Psychiatrie in der Pfalz. Klingenmünster 2012 (Katalog zur gleichnamigen Wanderausstellung).
↑Monika Pritzel, Reinhard Steinberg (Hrsg.): 150 Jahre Pfalzklinikum. Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde in Klingenmünster. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-515-10091-5, S. 31.