Pina Bausch, eigentlich Philippine Bausch,[1] (* 27. Juli1940 in Solingen; † 30. Juni2009 in Wuppertal) war eine deutsche Tänzerin, Choreografin, Tanzpädagogin und Ballettdirektorin des nach ihr benannten Tanztheaters in Wuppertal. In den 1970er-Jahren wurde Pina Bausch mit ihrer Entwicklung des Tanztheaters zu einer Kultfigur der internationalen Tanzszene. Sie galt in der Fachwelt als die bedeutendste Choreografin ihrer Zeit.
Philippine Bausch wurde als drittes Kind des Gastronomen-Ehepaars Anita und August Bausch 1940 in Solingen geboren. Die Eltern betrieben eine Gastwirtschaft mit Hotelbetrieb in Solingen-Gräfrath[2] an der Focher Straße (Central).[3] Bausch wurde dort geboren. Für ihre Eltern war „Pina“ der gebräuchliche Rufname.[4] Sie half in ihrer Kindheit genauso wie ihre Geschwister in der Hotelgaststätte ihrer Eltern mit. Die Beobachtungen und Erfahrungen aus dieser Zeit fanden später Eingang in ihre Stücke. Nach Angaben von Wim Wenders beeinflusste die Zeit im Nachkriegs-Solingen das spätere künstlerische Wirken von Pina Bausch.[5]
Von 1970 bis zu dessen Tod im Januar 1980 lebte Pina Bausch mit Rolf Borzik (1944–1980) zusammen.[6] Die beiden hatten sich während ihres Studiums an der Folkwang-Hochschule kennengelernt. Seit Bausch ab 1973 die Leitung des Wuppertaler Tanztheaters innehatte, entwarf Borzik die Bühnen- und Kostümbilder für ihre Stücke. In den sieben Jahren ihrer Zusammenarbeit wurde Borzik zu einem „vielseitigen Arbeitspartner“, der die Stücke „von innen her“ mitdachte.[6] Borzik starb 1980 im Alter von nur 35 Jahren an Leukämie.
Sechs Monate nach Borziks Tod lernte Bausch auf einer Tour in Santiago de Chile im Juli 1980 Ronald Kay kennen, einen chilenischen Dichter und Professor für Ästhetik und Literatur an der Universidad de Chile.[7] Mit ihm bekam Bausch 1981 den Sohn Rolf-Salomon, benannt nach Borzik.
Um Pina Bauschs künstlerischen Nachlass zu pflegen und zu verwalten, riefen Ronald Kay und Rolf-Salomon Bausch nach dem Tod der Künstlerin die Pina-Bausch-Stiftung ins Leben.
Ausbildung
Schon als Kind nahm Pina Bausch Ballettunterricht und trat in Kinderstücken und Operetten auf. Mit 14 Jahren begann sie 1955 ein Tanzstudium bei dem innovativen[8] Choreografen Kurt Jooss an der EssenerFolkwangschule. 1958 schloss sie ihr Studium in Bühnentanz und Tanzpädagogik mit dem erstmals ausgelobten Folkwang-Leistungspreis ab. Die Ausbildung mehrerer künstlerischer Berufe unter damals noch einem gemeinsamen Dach förderte ihre Bereitschaft, später immer mehr Genres in ihre Stücke zu integrieren, wie sie in einem Film-Interview sagte.[9]
Dank des Preises erhielt sie ein Stipendium des DAAD und konnte von 1959 bis 1962 in den USA als „Special Student“ an der Juilliard School unter der Leitung von Martha Hill in New York studieren. Bei Choreografen wie Louis Horst, José Limón und Antony Tudor lernte sie den amerikanischen Modern Dance kennen. In dieser Zeit tanzte sie in der Tanzkompanie von Paul Sanasardo und Donya Feuer wie auch für das „New American Ballet“. 1961 erhielt sie ein Engagement an der Metropolitan Opera in New York.
Künstlerische Stationen
Solistin im „Folkwang-Ballett“ von Kurt Jooss (1962–1968)
Nach ihrem dreijährigen Aufenthalt in den USA kehrte Pina Bausch 1962 auf Einladung von Kurt Jooss nach Deutschland zurück. Nun tanzte sie in dem von ihm neu gegründeten „Folkwang-Ballett“ als Solistin und assistierte zunehmend auch Jooss bei der Entwicklung seiner Stücke. Mit dem Ballett war sie in den nachfolgenden Jahren weltweit auf Tour.
1962, 1964 und 1968 war sie als Tänzerin bei den Schwetzinger Festspielen in Baden-Württemberg zu sehen. Im Jahr 1967 arbeitete sie mit dem Tänzer und Choreografen Jean Cébron beim „Festival of the Two Worlds Spoleto“ in Charleston, USA zusammen. 1968 tanzte sie beim „Jacob’s Pillow Dance Festival“ in Massachusetts und bei den Salzburger Festspielen.
Ab 1968 erarbeitete Pina Bausch zunehmend eigene Stücke. Impulsgebend war anfangs ein „gewisses Unbehagen an den tänzerisch-thematischen Möglichkeiten“[10] als Solistin im Folkwang-Ballett. Ihre erste Choreografie trägt den Namen Fragment (1968), ein Stück für das Ensemble des Folkwang-Balletts zu Musik von Béla Bartók. Darauf folgt im selben Jahr Wind der Zeit (Musik von Mirko Dorner), womit sie beim Kölner Choreografen-Wettbewerb ein Jahr später den ersten Preis gewann.
Leitung des Folkwang-Studios und Dozentur in Essen (1969–1973)
1969 übernahm Pina Bausch die Nachfolge von Kurt Jooss als künstlerische Leiterin des „Folkwang-Studios“, das aus dem „Folkwang-Ballett“ hervorgegangen war. Zudem begann sie, als Dozentin an der Folkwang Hochschule in Essen-Werden zu lehren. Im Jahr 1969 war sie außerdem in The Fairy Queen zu sehen, eine von Kurt Jooss bearbeitete Version der Purcell-Oper.
In den darauf folgenden Jahren erarbeitete Pina Bausch weitere Stücke. Mit Nachnull (1970, Musik: Ivo Malec) entfernte sie sich erstmals von der Tradition des Modern Dance.[11] Im Jahr 1970 wurde sie vom Rotterdam Danscentrum als Gastchoreografin eingeladen. Darüber hinaus gab sie Unterricht in Modernem Tanz bei den „Frankfurter Sommerkursen“ in Frankfurt am Main.
Es folgten erste Auftragsarbeiten für die Wuppertaler Bühnen, darunter Aktionen für Tänzer (1971) und Tannhäuser-Bacchanal (1972), welches ein „großer Erfolg“[12] wurde. Ebenso im Jahr 1972 entstand ihre Choreografie Wiegenlied. Im selben Jahr war Pina Bausch auch für die „Dance Company Paul Sanasardo“ (New York) tätig.
Ballettdirektorin an den Wuppertaler Bühnen
Trotz ihrer Bedenken konnte Arno Wüstenhöfer, der Intendant der Wuppertaler Bühnen, Pina Bausch mit Beginn der Spielzeit 1973/1974 als Leiterin der Ballettsparte gewinnen. Er billigte ihr künstlerische Autonomie zu, entsprechend wurde das Wuppertaler Ballett auf ihren Wunsch hin in Tanztheater Wuppertal umbenannt.
Die erste Arbeit, die sie als neue künstlerische Leiterin in Wuppertal kreierte, hieß Fritz. Tanzabend von Pina Bausch (1974, Musik: Gustav Mahler). In der Kritik war von einer „halbstündigen Ekligkeit“ und „verquältem Psychologisieren“ zu lesen.[13]
Im Gegensatz dazu wurde die darauf folgende Tanzoper Iphigenie auf Tauris (1974, Musik: Christoph Willibald Gluck) zu einem großen Erfolg. Die Presse sprach von einem „der wichtigsten deutschen Ballettereignisse der Saison“.[12]
Im selben Jahr entstanden zwei weitere Arbeiten, die im Dezember 1974 gemeinsam Uraufführung feierten: Adagio – Fünf Lieder von Gustav Mahler, basierend auf Mahlers Kindertotenliedern nach Gedichten von Friedrich Rückert und Ich bring dich um die Ecke, ein Schlagerballett.
1975 entwickelte Bausch eine auf den Modern Dance begründete Variante von Orpheus und Eurydike (Musik: Christoph W. Gluck), seit 2005 im Repertoire der Pariser Oper, sowie Frühlingsopfer – ein Tanzabend in drei Teilen mit den Ballettmusiken von Igor Strawinsky. Den letzten Teil Le sacre du printemps führte das Tanztheater Wuppertal später auch eigenständig auf.
Bei all diesen in den frühen siebziger Jahren entstanden Stücken bediente sich Pina Bausch musikalischer Vorlagen, die sie im Rahmen der Choreografie-Entwicklung mehr oder weniger stark bearbeitete. Sie verwandelte die „formale Stringenz und expressive Wucht“ der ausgewählten Musikwerke in „ein dem modern dance verwandtes Bewegungsspektrum“.[14] Diese Arbeiten deuten bereits eine ganz eigene Bewegungssprache an. Die geschlossene Form und Dramaturgie der Stücke stimmten indessen mit damaligen Konventionen der Bühnenproduktion überein. In der Entwicklung weiterer Arbeiten wandte sich Pina Bausch schließlich von der Inszenierung mit herkömmlichen Mitteln ab.
Herausbildung von Pina Bauschs Tanztheater
Mit einem Brecht-Weill-Abend im Jahre 1976 (Die sieben Todsünden) erprobte Pina Bausch neue Formen der Tanzkunst. Die literarisch-musikalische Vorlage bearbeitete sie stark und entwickelte eine Collage einzelner Szenen, die Brechts Texte in loser Folge gesprochen, gesungen und getanzt auf die Bühne brachte. Im darauffolgenden Jahr entstand Blaubart beim Anhören einer Tonbandaufnahme von Béla Bartóks Herzog Blaubarts Burg (1977), das erneut von harscher öffentlicher Kritik begleitet wurde. Ebenfalls 1977 produzierte Bausch Komm tanz mit mir (1977) und Renate wandert aus (1977).
Erst Anfang der achtziger Jahre wich die teils scharfe Kritik an Bauschs Arbeiten ersten Zeichen der öffentlichen Wertschätzung, vor allem in Bezug auf die gesellschaftskritische Bedeutung ihrer Stücke.[15] Während die deutsche Theater- und Opernlandschaft Ende der sechziger Jahre/Anfang der siebziger Jahre noch vom klassischen Tanz und einer streng hierarchischen Arbeitsweise dominiert wurde, waren es Choreografen wie Gerhard Bohner (1936–1992), Johann Kresnik (1939–2019) und Pina Bausch, die mit den Konventionen brachen und das Tanztheater nach und nach als neues Genre im Kunstbetrieb etablierten. Die Beschäftigung mit alltagsnahen Themen im gesellschaftlichen Kontext ist dabei eines der zentralen Merkmale.
1980 wurde Bausch mit Arien erstmals zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Im Jahr darauf folgte die zweite Einladung mit Bandoneon, 1985 die dritte Einladung mit Auf dem Gebirge hat man ein Geschrei gehört. Diese renommierten Auszeichnungen zeugen davon, dass Bauschs Tanztheater in den achtziger Jahren seine Stellung als anerkannte Bühnenform innerhalb der deutschen Theaterlandschaft gefunden hatte. Und auch im Ausland wurde sie mit ihrem Ensemble zunehmend erfolgreicher. Während dieser Zeit um 1985, als Bausch auch die Künstlerische Leitung des Studienbereichs Tanz an der Folkwang Hochschule antrat, galt ihre Kompanie als „wichtigster Vertreter des bundesdeutschen Balletts im Ausland“.[16] 1983 wurde sie mit Nelken zum Festival von Avignon eingeladen, eines der größten Theaterfestivals weltweit. Ein Jahr später, 1984, erhielt Pina Bausch den Deutschen Kritikerpreis für „die Entwicklung neuer ästhetischer Maßstäbe, die weit über die deutsche Tanzszene hinausreichen“.[16]
Pina Bausch und ihr Ensemble entfalteten eine Reisetätigkeit auf vier Kontinenten, die sich bis zum Jahr 1998 auf 105 Städte in 38 Ländern erstreckte. Im Jahr 2006 waren es rund 300 Gastspiele in über 40 Ländern seit 1977.[17] Zwei bis drei Monate im Jahr war das Wuppertaler Tanztheater unterwegs, vor allem mit Hilfe der Goethe-Institute.[18] Am häufigsten trat das Ensemble in Frankreich auf, gefolgt von Italien und den USA an dritter und Japan an vierter Stelle.[19]
Bei längeren Aufenthalten ließ sich Pina Bausch von ihrer Umgebung inspirieren und entwickelte dort neue Tanzstücke in Zusammenarbeit mit den örtlichen Tanzfachleuten. So entstanden die Stücke Nur Du in Los Angeles, Der Fensterputzer in Hong Kong, Masurca Fogo in Portugal, Wiesenland in Budapest, Água in Brasilien, Nefés in Istanbul, Ten Chi in Japan und 2007 der Bamboo Blues in Indien.[20] Da die Mitglieder ihrer Tanzkompagnie aus vielen Ländern kamen, waren die Tourneen auch ein Zugeständnis an das Fernweh ihrer Tänzer. Andererseits verdankte sich die Sesshaftigkeit von Pina Bausch in der nordrhein-westfälischen Industriestadt ihren regelmäßigen Reisen.[21] Auch in den internationalen Metropolen wiederholten sich, wie in Wuppertal, die anfängliche Abwehr und Ablehnung gegenüber ihren Aufführungen. Doch bei den folgenden Auftritten bildete sich dort jeweils ein treues Stammpublikum, das alle ihre Aufführungen enthusiastisch erwartete.
Im Oktober 1998 feierte die Prinzipalin das 25-jährige Bühnenjubiläum ihres Ensembles mit einer Retrospektive ihrer erfolgreichen Stücke. In einem großen, mehrwöchigen Tanzfest mit 428 Künstlern aus 31 Ländern wurde Pina Bausch als „Königin“ der internationalen Tanzkunstszene geehrt.
Pina Bausch starb am 30. Juni 2009, fünf Tage, nachdem die Diagnose Lungenkrebs gestellt worden war, und achtzehn Tage nach der Uraufführung ihres letzten Stückes im Wuppertaler Opernhaus.[22] Sie wurde auf dem evangelisch-reformierten Waldfriedhof in Elberfeld-Varresbeck beerdigt.[23] Am 4. September 2009 verabschiedeten sich mit einer Trauerfeier im Wuppertaler Opernhaus das Ensemble, Künstlerkollegen, Freunde, Zuschauer und Politiker von Pina Bausch. Wim Wenders würdigte in einer Ansprache das Leben und Werk der Künstlerin, das Tanztheater zeigte eine Auswahl aus ihren Werken.[24] Die Trauerfeier wurde auf eine Filmleinwand im Engelsgarten gegenüber der Wuppertaler Oper übertragen.[25]
Bedeutung
Die Bedeutung von Pina Bauschs Werk beschränkt sich nicht auf eine Erweiterung des Tanzes mit anderen Genres und Medien oder den Verzicht auf eine bestimmte Form, vielmehr gewinnt ihr Werk erst durch seine Menschlichkeit an künstlerischer Größe. Das Mitfühlen und Mitgefühl war die wichtigste Motivation zu ihrem Lebenswerk. In einem ihrer seltenen Interviews äußerte sie einmal: „Es ging und geht mir immer nur darum: Wie kann ich ausdrücken, was ich fühle?“[26] Durch ihren Respekt und ihr bedingungsloses Vertrauen zu ihren Tänzern konnte das Ensemble auch seine intimen Empfindungen entdecken und äußern. Der Tanzexperte und Pina-Bausch-Biograph Jochen Schmidt hob diese Dimension in seinem Nachruf hervor: „Schon am Ende der siebziger Jahre stand der Name Pina Bausch für ein Theater der befreiten Körper und des befreiten Geistes, für ein Tanztheater der Humanität, das auf der Suche war nach Liebe, Zärtlichkeit und Vertrauen zwischen den Partnern – und nach einer tänzerischen Sprache, die in der Lage sein würde, jene Kommunikation zwischen den Menschen zu ermöglichen, zu denen die bekannten Sprachen nicht mehr fähig waren.“[27]
Pina Bausch sah ihre Werke nie als abgeschlossen an und war daher immer auf der Suche nach Verbesserungen, um etwa eine Geste oder eine Szene noch wahrhaftiger und stimmiger darstellen zu können. Die Prozesshaftigkeit und Offenheit ihrer Arbeitsweise war die Folge dieser Wahrheitssuche, ihrer Suche nach dem authentischen Ausdruck. Zu diesem Zweck nahm sie an jeder Aufführung teil und besprach sie am nächsten Tag mit ihrem Ensemble. Der Wuppertaler Intendant Gerd Leo Kuck bezeichnete diese intensive Arbeitsweise als „ganz einmalig“.[28] Nach Meinung von Jochen Schmidt ist der Arbeitsstil von Pina Bausch am ehesten noch vergleichbar mit dem des taiwanischen Choreographen Lin Hwai-min, dem Gründer des Cloud Gate Dance Theatre, da auch er sein Ensemble ausführlich befragt, eine große Offenheit gegenüber Neuem hat und sich für sein Ensemble einsetzt.[29]
Stil
Die ersten eigenen Choreografien Pina Bauschs waren noch stark dem Modern Dance verpflichtet. Ab den Sieben Todsünden (1976) und vor allem ab Blaubart änderte sich ihr Stil dann merklich und wurde zu dem, was später ihr Markenzeichen darstellen sollte: Gesang, Pantomime, Sprache und Alltagsgesten erhielten in bedeutsamer Weise Anteil am Bühnengeschehen. In ihren eigenen Worten: „Mich interessiert nicht so sehr, wie sich Menschen bewegen, als was sie bewegt.“[30]
Pina Bausch verband erstmals den Tanz mit den Genres Gesang, Pantomime, Artistik, Schauspiel zu einer neuen Kunstgattung. Viele Fachleute halten erst diese neue Kunstform für den Beginn des Tanztheaters.[31]
Die herkömmliche Handlungsstruktur löste sie in einzelne Szenen auf und verknüpfte sie mittels Collage und Montage in thematische Zusammenhänge. Der Ausgangspunkt ihrer Stücke war die einzelne Geste, das Darstellen und Äußern eines bestimmten Gefühls. Diese innere Bewegung wurde von Pina Bausch erfragt und von den Tänzern mit einer erinnerten Handlung beantwortet. Unbeschwertheit und Ausgelassenheit kontrastierte sie mit dramatischen Szenen und rührte so an die letzten Fragen des Menschseins, was das Publikum häufig in intensiver Weise miterlebte.[32] Viele ihrer Stücke wurden daher als außerordentlich radikal und bewegend zugleich erfahren.[33]
Frageform
Berühmt wurde ihre Art, die Stücke vorzubereiten. Im Laufe der Zeit ging Pina Bausch dazu über, ihren Tänzern Fragen und Aufgaben zu unterschiedlichen Themen und Situationen zu stellen, die ihrer Intuition nach zum jeweiligen Stück gehören konnten: „Mach mal etwas ganz Kleines. Etwas abbrechen, was ist dann? Etwas Gefährliches mit einem niedlichen Gegenstand tun. Eine Geste, die etwas mit Hilflosigkeit zu tun hat.“ In einem Porträt, das Alice Schwarzer erstellt hatte, beschreibt Bausch ihre Form der Fragen: „Ich stelle Fragen. Hier in der Gruppe. Und ab und zu treffe ich etwas, was mit dem zu tun hat, was ich suche. […] Ich frage selten etwas direkt. Ich frage immer nur um Ecken rum. Denn wenn die Fragen plump sind, können die Antworten auch nur plump sein.“[34]
Aus den entstehenden Improvisationen suchte Bausch das Material aus, das für sie etwas noch nie Gesehenes darstellte, und versuchte dann, dies in das entstehende Stück einzubauen. Alle Antworten oder Reaktionen, die sie erhielt, notierte sie – ohne Wertung und ohne Kommentar. Auf diese Weise entstand eine riesige Materialsammlung, aus der am Ende über 90 % wieder aussortiert wurden.
Inszenierung
Pina Bauschs Stücke waren Collagen und Montagen, Bilderfolgen an der Grenze zwischen Realität und Traum, mit vielen Parallelhandlungen, die gleichzeitig auf der Bühne ausgeführt wurden. Auch die Wiederholung einer Handlung war bei ihr ein wichtiges Stilmittel, so forderte beispielsweise das mehrfache Wiederholen der immergleichen Szene (wodurch gerade die Abweichungen besonders betont werden) in Blaubart vom Zuschauer eine ausgesprochene psychische Belastbarkeit und die Fähigkeit, Nuancen wahrzunehmen.
Die revueartigen Stücke folgten einer inneren Logik, einem Bewusstseinsstrom und nicht einer äußerlich zusammenhängenden Geschichte. Pina Bausch arbeitete äußerst akribisch und sagte von sich: „Meine Stücke wachsen nicht von vorne nach hinten, sondern von innen nach außen.“[35] Dies führte dazu, dass die Szenenfolge manchmal bei der Generalprobe noch nicht ganz feststand. Die letzte Entscheidung traf Pina Bausch dann oft sehr spät.
Ensemble
Für diese Vorgehensweise benötigte sie Tänzer, die nicht einer idealen Körpernorm entsprachen und auch nicht das klassische Tanzideal verkörperten oder verlangten. Diese mussten vielmehr einem Schönheitsideal absprechen, einer idealen Unverwundbarkeit, und bereit sein, sich als die Menschen und Typen, die sie sind, auf die Bühne zu stellen, Sprache zu verwenden, Mimik zu zeigen und auch Schwäche zu demonstrieren. In einem Alter, in dem klassische Tänzer nicht mehr auf der Bühne gefragt sind, tanzten Pina Bauschs Ensemblemitglieder immer noch.
Pina Bausch äußerte einmal, dass sie nicht so interessiert sei an Tänzern, die alles sofort „ganz toll“ machen. Sie bevorzuge solche, die sich selbst vielleicht noch nicht so ganz kennen, denen sie vielleicht auch helfen könne, etwas Neues zu entdecken (Schulze-Reuber, 2005). Dies erforderte ein sehr enges, offenes und vertrauensvolles Verhältnis zu den Tänzern ihres Ensembles, von denen einige, wie Dominique Mercy, Jan Minařík, Jo Ann Endicott, Lutz Förster, Felix Ruckert, Helena Pikon und Ruth Amarante,[36] fast seit Beginn ihrer Laufbahn über viele Jahre hinweg mit ihr zusammenarbeiteten.
Musik
Auch ihre Musikauswahl war eklektisch: Werke von Gershwin fanden genauso Verwendung wie solche von Purcell, Gluck, Tango, alte Schlager oder Kinderlieder – was der jeweiligen Szene diente, ihre Stimmung unterstrich oder, indem sie diese unterlief, eine Bedeutungsebene hinzufügte.
Bühnenbild
Ebenso wichtig war das Bühnenbild: Da der visuelle Eindruck dieser Art von Theater nicht nur von der Art der Bewegung abhängt, musste das Bühnenbild das Nach-außen-Bringen des inneren Zustands unterstreichen, dem Zuschauer Zustände und Gefühle vermitteln und dem Ensemble den Raum bieten, in dem sich die psychologische Handlung entfalten konnte. Pina Bauschs erster Bühnenbildner Rolf Borzik setzte bis zu seinem Tod im Januar 1980 mit seinen Bühnenräumen Maßstäbe für ihre Aufführungen. Besonders auffällig war die Verwendung von natürlichen Materialien wie Wasser, Erde, Rasen, Zweige, Nelken, Torf oder trockene Blätter, mit denen der Tanzboden bedeckt war. Die Bühnenbildbestandteile wurden immer zuletzt installiert, um die Ideenfindungsprozesse der Tänzer nicht zu beeinflussen.
Inhalte
Pina Bauschs Stücke handelten von sehr persönlichen und gleichzeitig universellen Themen, von Ängsten, Terror, Tod, Verlassenwerden, Liebe und Sehnsucht und dem Verhältnis zwischen den Geschlechtern. Kinderspiele wurden vorgeführt, Männer trugen Frauenkleider, aus Zärtlichkeiten wurde Gewalt und umgekehrt. Menschen prostituierten sich voreinander, um ein Gegenüber zu finden. Immer waren die gefundenen Bilder so ungewöhnlich wie möglich. Die Masken und Verhaltensweisen, die ein Mensch in der Gesellschaft zeigt, wurden grotesk aufs Korn genommen.
Arien zeigt die unglückliche Liebesgeschichte zwischen einer Frau und einem Nilpferd. In Café Müller (1978) stolpern die Tänzer auf der Bühne um Tische und Stühle, oft mit geschlossenen Augen.
Das ausgeprägte Ringen mit der kalten Realität und die Hoffnungslosigkeit, die ihre frühen Stücke auszeichneten, wichen im Lauf der Zeit nach Ansicht der Kritiker einer größeren Lebenslust.[38]
Reaktionen des Publikums
Die Reaktionen auf Pina Bauschs Tanztheater waren in den ersten Jahren gespalten. Einerseits bildete sich schnell eine feste Gruppe von Bewunderern am Wuppertaler Theater. Andererseits formierte sich bei den Traditionalisten erbitterter Widerstand, der von Buhrufen im Theater über tätliche Angriffe wie Anspucken bis zu nächtlichem Telefonterror reichte.[39] Pina Bausch sprach später von einem Missverständnis, da es ihr nie um Provokation ging, sondern um Ehrlichkeit und Wahrheit.[40]
Pina Bausch setzte ihre choreografische Arbeit unbeirrt fort und erlangte mit einer durchgängig hohen Qualität und ihrem Mut zum künstlerischen Risiko bis Anfang der 1980er Jahre Weltruhm. Das deutsche Tanztheater wurde ein äußerst erfolgreicher deutscher „Kulturexportartikel“ und wirkte sich weltweit auf das choreografische Schaffen aus.
Pina-Bausch-Stiftung
2009 wurde in Wuppertal die Pina-Bausch-Stiftung gegründet, die das künstlerische Vermächtnis von Pina Bausch bewahren soll. Stiftungsgründer und -vorstände sind Pina Bauschs letzter Lebensgefährte Ronald Kay und ihr gemeinsamer Sohn Salomon Bausch. Es ist außerdem geplant, ein Archiv für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.[41] Seit vielen Jahren wurden von jeder Aufführung und einigen Proben Video-Aufnahmen gemacht, sie werden seit 2007 im Wesentlichen von den Tänzerinnen Jo Ann Endicott, Barbara Kaufmann und Bénédicte Billiet erschlossen und jede Tanzsequenz einzeln erfasst.[42]
Die Digitalisierung von 7.500 Videobändern und die Errichtung einer Datenbank würde nach Angaben der Stiftung bis 2012 rund 570.000 Euro kosten.[43] Bislang haben sich das Land NRW und die Bundeskulturstiftung dazu bereit erklärt, in den nächsten drei Jahren zusammen 900.000 Euro bereitzustellen. Die Stadt Wuppertal hofft, durch Sponsoren 450.000 Euro aufzubringen.[43] Im Juni 2011 wurde bekannt, dass auch die Dr. Werner Jackstädt-Stiftung in Wuppertal das Archiv finanziell unterstützt.[44] Das Video-Archiv umfasste Anfang 2012 eine Datenmenge von 260 Terabyte.[45]
Salomon Bausch äußerte im Juni 2011, dass auch den Tänzern des Ensembles die Möglichkeit angeboten werden soll, weltweit „ihr Wissen und ihre Erfahrungen zum Beispiel in Workshops weiterzugeben.“ Die Stiftung verstehe sich als Forum, in der „neue Dinge entstehen können.“[44] Er denke in dieser Hinsicht „eher in Jahrzehnten als in Monaten.“ Bisher wurden 120 VHS-Videobänder aus den 1970er Jahren konserviert und digitalisiert, eine Foto-Dokumentation zu 650 Kostümen von Marion Cito und zu mehreren Bühnenbildern von Peter Pabst erstellt sowie eine Ausstellung über Rolf Borzik und das Tanztheater Pina Bausch erarbeitet.[46]
Gemeinsam mit der Düsseldorfer Kunststiftung NRW bietet die Wuppertaler Pina-Bausch-Stiftung seit 2015 eine Graduiertenförderung für junge Tänzer und Choreographen an.[47] Auf diese Weise soll das Studium an wichtigen Ausbildungsstätten und bei erfahrenen Mentoren für interessierte internationale Studierende erleichtert werden.[48]
Künstlerische Rezeption
Über mehrere Jahre hinweg bemühte sich der Filmemacher Wim Wenders um einen Dokumentarfilm über Pina Bausch und ihr Ensemble, doch war er sich unschlüssig über eine angemessene Aufnahmetechnik. Erst als er erstmals einen Film in digitaler 3D-Technologie gesehen hatte, wusste er, wie er die Tanzszenen drehen konnte.[49] Mit der neuen Raumerfahrung durch die 3D-Technologie sollen sich die Zuschauer unmittelbar zwischen den Tänzern fühlen. Schließlich gelang es ihm, den Drehbeginn für September 2009 zu vereinbaren. Pina Bausch starb überraschend am 30. Juni 2009, zu ihrem Tode schrieb Wenders ein Abschiedsgedicht.[50] Nach Gesprächen mit dem Ensemble und dessen Zustimmung und Ermutigung setzte Wenders die Dreharbeiten fort. Der Dokumentarfilm trägt den Titel Pina, die vier Stücke Le sacre du printemps, Café Müller, Kontakthof und Vollmond stehen im Zentrum von Wenders’ 3D-Aufnahmen. Der Film feierte am 13. Februar 2011 auf dem Berlinale-Filmfest in Berlin Premiere[51] und kam Ende Februar 2011 in die Kinos.[52] Beim 61. Deutschen Filmpreis wurde er als Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.[53] Die nach Pina Bauschs Tod eingesetzten künstlerischen Leiter des Tanztheaters Dominique Mercy und Robert Sturm äußerten sich sehr dankbar über das Filmprojekt.[54] Die französische Band Indochine widmete Pina Bausch 2013 das Lied Wuppertal.[55]
Ehrungen
Nachdem 2010 eine Umbenennung des Solinger Hindenburgplatzes in Pina-Bausch-Platz am Widerstand der CDU-Fraktion und am Protest von Bürgern gescheitert war,[56] wurde nach einem anderen Platz oder Gebäude gesucht, um an Pina Bausch in ihrem Geburtsort zu erinnern.[57] Im Mai 2012 wurde schließlich eine Straße in einem Neubaugebiet nach der Künstlerin benannt, die Straße liegt von ihrem Geburtshaus „keine hundert Meter entfernt“.[58]
Im März 2010 gründete sich in Solingen ein überparteilicher Pina-Bausch-Freundeskreis.[59] Ein Ziel des Vereins ist die Erforschung von Pina Bauschs Biographie in Solingen und die Bezüge in ihren Werken zu Solingen.[60]
Im Dezember 2013 ehrte die Stadt Wuppertal die Künstlerin mit der Umbenennung der Städtischen Gesamtschule Wuppertal-Vohwinkel in Pina-Bausch-Gesamtschule.[61]
Die Stadt Wuppertal benannte 2015 das Wuppertaler Schauspielhaus in Pina-Bausch-Zentrum um. Das 2013 aus Kostengründen geschlossene Schauspielhaus soll ab 2019 bis 2022 saniert werden. Bund, Land und Kommune teilen sich die Kosten[62] in Höhe von 58 Millionen €. Ein Anbau auf dem Gelände des Parkplatzes soll als Standort für das Wuppertaler Tanztheater, als Produktionszentrum für Gast-Ensembles, für das Bürgerforum Wupperbogen und als Veranstaltungsort der Pina Bausch Foundation mit Archiv dienen.[63]
Vom 4. März bis 24. Juli 2016 zeigte die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn die Ausstellung Pina Bausch und das Tanztheater.[64] Jeden Tag waren Tänzer vor Ort und haben den Besuchern in Workshops die Möglichkeit zum Einüben der „Nelkenlinie“ gegeben.[65]
Zum Wintersemester 2022/2023 hat die Folkwang Universität der Künste eine neue interdisziplinäre Pina Bausch Gastprofessur eingerichtet. Erste Inhaberin der Professur war die Performancekünstlerin Marina Abramović.[66]Laurie Anderson trat die Professur 2024 nach einer Kontroverse um israelkritische Positionen nicht an.[67]
1976: Die sieben Todsünden (Libretto: Bertolt Brecht; Musik: Kurt Weill; Ballett mit Pantomime, Tanz und Gesang (Sopran und Männerquartett); Inhalt: Parabel über die Verlogenheit kleinbürgerlicher Doppelmoral; Musikstil: Spätromantik und Jazz; Genre: Parodie und Musical)
1977: Blaubart – Beim Anhören einer Tonbandaufnahme von Béla Bartóks Oper „Herzog Blaubarts Burg“ Komm tanz mit mir Renate wandert aus
1978: Er nimmt sie an der Hand und führt sie in sein Schloss, die anderen folgen Café Müller Kontakthof
1979: Arien Keuschheitslegende
1980: 1980 – Ein Stück von Pina Bausch Bandoneon
1982: Walzer Nelken
1984: Auf dem Gebirge hat man ein Geschrei gehört
1985: Two Cigarettes in the Dark
1986: Viktor
1987: Ahnen
1989: Palermo Palermo
1991: Tanzabend II
1993: Das Stück mit dem Schiff
1994: Ein Trauerspiel
1995: Danzón
1996: Nur Du
1997: Der Fensterputzer
1998: Masurca Fogo
1999: O Dido
2000: Wiesenland Kontakthof – Mit Damen und Herren ab 65
2001: Água
2002: Für die Kinder von gestern, heute und morgen
2003: Nefés
2004: Ten Chi
2005: Rough Cut
2006: Vollmond
2007: Bamboo Blues
2008: Sweet Mambo Kontakthof – Mit Teenagern ab 14[68]
2009: … como el musguito en la piedra, ay si, si, si … (… wie das Moos auf dem Stein …)[69]
2006: London: am 26. Februar Laurence Olivier Award 2006 in der Kategorie „Outstanding Achievement in Dance“ („Herausragende Leistungen im Tanz“). für ihre in London gespielten Vorstellungen Nelken und Palermo Palermo
2015: Am 1. Juli gab die Deutsche Post zum 75. Geburtstag von Pina Bausch eine Sondermarke im Wert von 85 Cent heraus.[78] Der Sonderstempel trug die Inschrift: „Mich interessiert nicht, wie die Menschen sich bewegen, sondern was sie bewegt.“[79]
Guy Delahaye: Pina Bausch. Edition Braus im Wachter-Verlag, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-89904-285-6. (Fotoband)
Jo Ann Endicott: Ich bin eine anständige Frau! Suhrkamp, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-518-39502-5. (Endicotts humorvolles Arbeitsjournal ist eine Hommage an Pina Bausch. Sie war eine ihrer wichtigsten Tänzerinnen.)
Jo Ann Endicott: Warten auf Pina. Aufzeichnungen einer Tänzerin. Henschel, Berlin 2009, ISBN 978-3-89487-631-9. (Zweites Journal von Endicott über ihre Arbeit mit Pina Bausch als ihre Tänzerin, Assistentin und Probenleiterin.)
Ciane Fernandes: Pina Bausch and the Wuppertal Dance Theater. The Aesthetics of Repetition and Transformation. Lang, Frankfurt am Main 2002, ISBN 0-8204-5251-3.
Angeli Janhsen: Pina Bausch. In: Neue Kunst als Katalysator. Reimer Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-496-01459-1, S. 97–103.
Ursula Kaufmann: Pina Bausch und das Tanztheater Wuppertal – Nur Du. Müller + Busmann, Wuppertal 1998, ISBN 3-928766-34-1. (Großformatige Fotos der Aufführungen von Iphigenie auf Tauris im Jahre 1974 bis Masurca Fogo 1998.)
Ursula Kaufmann (Hrsg.): Pina Bausch und das Tanztheater Wuppertal. Dt. / Engl. Müller + Busmann, Wuppertal 2002, ISBN 3-928766-53-8.
Ursula Kaufmann: Pina Bausch und das Tanztheater Wuppertal. Edition Panorama, Mannheim 2012, ISBN 978-3-89823-451-1. (Bildband [81])
Anne Linsel: Was Menschen bewegt – Vor 25 Jahren fing alles an: Pina Bausch, die Königin des modernen Tanzes, feiert im Oktober in Wuppertal Jubiläum. In: Süddeutsche Zeitung. Nr. 192, 22. August 1998, S. III, Artikelanfang.
Anne Linsel: Pina Bausch. Bilder eines Lebens. Edel-Verlag, Hamburg 2013, ISBN 978-3-8419-0182-8. (Bildband mit Biographie.)
Alessandro Martinez (Hrsg.): Sur le traces de Pina Bausch. Tracing Pina Bausch’s Footsteps. Ubulibri, Milano 2002, ISBN 88-901014-0-7. (Dokumentation des 7. Europäischen Theaterpreises, 1999)
Leonore Mau: Ensemble. Pina Bausch, das Tanztheater Wuppertal. Portraits. Ed. Diá, St. Gallen 1988, S. 126.
Marion Meyer: Tanz kann fast alles sein. Bergischer Verlag, Remscheid 2012, ISBN 978-3943886078.
Meike Nordmeyer, Oliver Weckbrodt (Hrsg.): Pina Bausch – Ein Fest. Fotografien von Jochen Viehoff. Verlag Müller + Busmann, Wuppertal 2000, ISBN 3-928766-41-4.
Peter Pabst: Peter für, for, pour Pina. Buch über die Bühnenbilder von Peter Pabst für Stücke von Pina Bausch von 1980 bis 2009. Hrsg. von der Tanztheater Wuppertal Pina Bausch GmbH. Kettler, Bönen 2010, ISBN 978-3-86206-046-7.
Rika Schulze-Reuber: Das Tanztheater Pina Bausch: Spiegel der Gesellschaft. Mit Fotografien von Jochen Viehoff. R. G. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2. überarb. Aufl. 2008, ISBN 978-3-8301-1147-4 (Druck-Ausgabe); 3. überarb. Auflage 2015 als E-Buch, ISBN 978-3-8301-1689-9.
Marc Wagenbach, Pina Bausch Foundation (Hrsg.): Tanz erben. Pina lädt ein. transcript, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2771-8.
Ulli Weiss (Fotografien): Setz dich hin und lächle. Tanztheater von Pina Bausch. Text: Ille Chamier. Prometheus, Köln 1979, ISBN 3-922009-20.
Wim Wenders: Was Menschen mit ihren Bewegungen sagen. Die Kunst der Pina Bausch. Festrede zum Frankfurter Goethepreis 2008; Trauerrede in Wuppertal 2009. In: Sinn und Form. Nr. 6, 2009, S. 854–861.
Donata und Wim Wenders: Pina. Der Film und die Tänzer. Schirmer/Mosel Verlag, München 2012, ISBN 978-3-8296-0590-8. (Besprechung mit acht Bildbeispielen [82]).
Annette von Wangenheim: Und alle nannten ihn Papa Jooss. Fernseh-Interview mit Pina Bausch (2000), erstmals komplett veröffentlicht in: Stefan Koldehoff, Pina Bausch Foundation (Hrsg.): O-Ton Pina Bausch. Interviews und Reden. Nimbus Verlag, Wädenswil 2016, ISBN 978-3-03850-021-6.
Filmografie (Auswahl)
1976: Le sacre du printemps. Tanzaufführung, BR Deutschland, 36 Min., Regie: Pina Bausch und Pit Weyrich, Produktion: ZDF, Choreographie: Pina Bausch, Bühne und Kostüme: Rolf Borzik, Musik: Igor Strawinsky. – Aufzeichnung einer Aufführung des Wuppertaler Tanztheaters.
1982: Was tun Pina Bausch und ihre Tänzer in Wuppertal? Dokumentarfilm, BR Deutschland, 115 Min., Buch und Regie: Klaus Wildenhahn. – Dokumentation der Probenarbeit der Choreographin und ihres Ensembles beim Stück Walzer und die Darstellung der Umgebung und ihrer Bewohner in einer Industriestadt.
1983: Eines Tages fragte mich Pina. (Originaltitel: Un jour Pina m’a demandé.) Dokumentarfilm, Frankreich, 57 Min., Regie: Chantal Akerman, Produktion: NDR, Erstsendung: 15. Dezember 1985, Darsteller: Wuppertaler Tanztheater. – Dokumentation einer Europatournee, auf der die Arbeitsatmosphäre mit Vorbereitungen, Proben und Szenen eingefangen wird. Diese Dokumentation gilt als die gelungenste Würdigung von Pina Bauschs Œuvre, es ist eine Begegnung zweier geistes- und seelenverwandter Künstlerinnen.
1983: Schnappschuß. Dokumentarfilm, BR Deutschland, 88 Min., Regie: Clemens Kuby, Produktion: Kuby Film TV, mit Pina Bausch und Ariane Mnouchkine.
1983: Fellinis Schiff der Träume. (Originaltitel: E la nave va.). Spielfilm, Frankreich, Italien, 132 Min., Regie: Federico Fellini; Pina Bausch als Principessa Lherimia.
1984: A Primer for Pina.Essayfilm, Großbritannien, 30 Min., Drehbuch und Text: Susan Sontag, Produktion: Channel 4. – Fernseh-Essay am Beispiel von Ausschnitten aus Blaubart, Arien, und 1980 – ein Stück von Pina Bausch.
1986: Walzer. Ausschnitte aus dem gleichnamigen Stück. 60 Min., Verleih: L’Arche Éditeur. - Das 1982 uraufgeführte Stück – zwischen den Polen leben wollen und sterben müssen, Leben erzeugen und Leben vernichten – ließ erstmals offen auf der Bühne die charakteristische Arbeitsweise erkennen: ein Stück durch Fragen an die Tänzer zu erarbeiten.
1987: Café Müller. Tanzfilm, BR Deutschland, 50 Min., Regie und Choreographie: Pina Bausch, Bühne und Kostüme: Rolf Borzik, Musik: Henry Purcell, Produktion: NDR, Verleih: L’Arche Éditeur. – Aufzeichnung einer Aufführung des Tanztheater Wuppertal.
1989: Die Klage der Kaiserin. BR Deutschland, Frankreich, Großbritannien, 95 Min., Regie und Drehbuch: Pina Bausch, Produktion: Wuppertaler Bühnen, ZDF, L’Arche Éditeur, La Sept, Channel 4. – Wortlose Collage absurd inszenierter Szenen, die zwischen Komödie und Drama pendeln; das Absurde macht den Schwermut wieder leicht.
1991: Auf der Suche nach Tanz. Das andere Theater der Pina Bausch. Dokumentation, Portrait, Deutschland, 29 Min., Regie: Patricia Corboud, Produktion: Trans Tel, Köln; mit Kommentaren von Pina Bausch und Analysen vom Tanzkritiker Jochen Schmidt anhand von Ausschnitten aus Arien, Kontakthof, Le Sacre de Printemps, Blaubart, Auf dem Gebirge hat man ein Geschrei gehört, Nelken, Bandoneon, Walzer, Palermo, Palermo, Die Klage der Kaiserin.
1992: 1. Un siècle de danse / Tanz im 20. Jahrhundert 2. De la danse libre à la Tanztheater / Vom Freien Tanz zum Tanztheater 3. L’expressionisme allemand / Der deutsche Expressionismus. Dokumentation, Frankreich, 1992, 52:44 Min., Regie: Sonia Schoonejans, Produktion: La Sept, arte u. v. a., online-Video. – Dieser Dokumentarfilm zeigt die Entwicklung des modernen Tanzes in Deutschland am Beispiel der Choreographien von Rudolf von Laban, Mary Wigman, Kurt Jooss, Oskar Schlemmer, Hanya Holm, Dore Hoyer, Gret Palucca, Birgit Cullberg und Pina Bausch.
1992: Probe Sacre. Regie: Detlef Erler, Frankreich, 45 Min., Verleih: L’Arche Éditeur. – Pina Bausch und Kyomi Ichida proben Le sacre du printemps im Januar 1987.
1994: Pas de deux zwischen Indien und Europa: Pina Bausch. Regie: Anne Linsel. – Dokumentation der Gastspiel-Reise des Wuppertaler Tanztheaters durch Indien.
1995: Pinatz. Reverenz an Pina Bausch. Deutschland, 4 Min. Regie und Choreographie: Gert Weigelt. – Dieser Kurzfilm vom bekannten deutschen Tanzfotografen Gert Weigelt entstand als Auftragsarbeit für eine Tanzsendung beim ZDF.
1994: Das hat nicht aufgehört, mein Tanzen … Gespräch, Deutschland, 1994, 41:50 Min., Buch und Regie: Eva-Elisabeth Fischer und Frieder Käsmann, Produktion: Bayerischer Rundfunk. – In einem langen Interview mit der Tanzkritikerin Eva-Elisabeth Fischer im Jahr 1992 in Venedig spricht Pina Bausch über sich als Tänzerin und Choreographin; Probenmitschnitte und Aufführungssequenzen u. a. aus 1980 – ein Stück von Pina Bausch, Viktor, Ein Trauerspiel.
1995: Bandoneón. Pina Bausch en Buenos Aires. Dokumentarfilm, Argentinien, 45 Min., Regie: Milos Deretich, Gabriela Schmidt, Gabriela Massuh, Produktion: Goethe-Institut Buenos Aires, Musik: Astor Piazzolla.
1998 Lissabon Wuppertal Lisboa. Dokumentarfilm, Portugal, 1998, 35 Min., Regie: Fernando Lopes; sehr nahe, unmittelbare Beobachtung der Arbeit von Pina Bausch zu „Masurca Fogo“ in Lissabon (als Doppel-DVD-Edition mit einer Alexandre O’Neill-Doku von midas)
1998: Das Tanztheater der Pina Bausch. 25 Jahre Tanztheater Wuppertal. Deutschland, 43 Min., Regie: Christiane Gibiec, Produktion: WDR, Goethe-Institut. – Dokumentiert wird die Arbeit zu dem Stück „Der Fensterputzer“ bei Proben in Hongkong. Anlässlich des 25-jährigen Bühnenjubiläums werden auch Ausschnitte gezeigt u. a. aus den Stücken Fritz (1974), Le sacre du printemps (1975), Komm tanz mit mir (1977), Café Müller (1978), Walzer (1982), Danzón (1995), Nur du (1996).
2001: Pina Bausch – A Portrait by Peter Lindbergh based on Der Fensterputzer. Fernsehfassung einer Tanztheateraufführung, Großbritannien, Originalfassung mit deutschen Untertiteln, 28 Min., Regie: Peter Lindbergh, Produktion: Channel 4, England’s Lane Production, Beta, ZDF.[83] – Beobachtungen bei dem Stück Der Fensterputzer von Pina Bausch.
2002: Damen und Herren ab 65. Dokumentarfilm, Deutschland, 70 Min., Buch und Regie: Lilo Mangelsdorff, Produktion: NDR, arte. – Dokumentation der Probenarbeit von Laientänzern ab 65 Jahren beim Stück „Kontakthof“ in Wuppertal.
2002: Sprich mit ihr. (Originaltitel: Hable con ella.) Spielfilm, Spanien, 115 Min., Regie und Drehbuch (= Oscar): Pedro Almodóvar; Gastauftritt des Wuppertaler Ensembles zum Filmbeginn mit Café Müller und am Ende mit Masurca Fogo.
2003: Coffee with Pina. Gespräch (deutsch und englisch), Israel, 17 Min., Regie: Lee Yanor; 2005 erweitert mit Tanzszenen aus Aguá und Rough Cut auf 52 Min. – Eine Begegnung mit der weltberühmten Choreographin aus Wuppertal.
2006: Pina Bausch. Buch und Regie: Anne Linsel, Produktion: WDR, arte, 43 Min.[84]
2010: Tanzträume – Jugendliche tanzen „Kontakthof“ von Pina Bausch. Tanz-Dokumentation, Deutschland, 90 Min., Buch: Anne Linsel, Regie: Anne Linsel, Rainer Hoffmann, Produktion: Tag/Traum Filmproduktion.[86]
2010: Hotel Müller. Kurzfilm-Hommage an Pina Bausch, Regie: João Salaviza, Uraufführung im Lissaboner Teatro São Luiz, wo Pina Bausch zuletzt 2008 Café Müller tanzte.
2019: Das Erbe der Pina Bausch. Dokumentarfilm, Deutschland, 51:59 Min., Buch: Anne Linsel und Jörg Adolph, Regie: Anne Linsel, Produktion: Tag/Traum, ZDF, Erstsendung: 3. Juli 2019 bei arte, Inhaltsangabe von arte, online-Video aufrufbar bis zum 1. August 2019.
2003: Time Steps. Tanzfilm, Deutschland, Niederlande, 30 Min., Regie: Hans Beenhakker. – Choreografien in Zusammenarbeit mit Aida Vainieri, Ruth Amarante,[36] Bernd Uwe Marszan und anderen.
2010: Warten auf Pina. Der lange Abschied der Tänzerin Jo Ann Endicott. Fernseh-Dokumentation, Deutschland, 25 Min., Buch und Regie: Birgit Adler-Conrad, Produktion: ZDFtheaterkanal, Erstausstrahlung: 1. April 2010 im ZDFtheaterkanal, Inhaltsangabe. (Memento vom 9. Oktober 2014 im Internet Archive). – Jo Ann Endicott schildert ihre Beziehung und Arbeit mit Pina Bausch.
2019: Mein Tanz mit Pina: Jo Ann Endicotts Erinnerungen an Pina Bausch. Dokumentarfilm, Deutschland, 37:14 Min., Buch und Regie: Birgit Adler-Conrad, Produktion: ZDF, 3sat, Erstsendung: 11. Juni 2019 bei ZDF, Inhaltsangabe von ARD, online-Video aufrufbar bis zum 22. Dezember 2019.
↑Sabina Huschka: Pina Bausch und das Tanztheater Wuppertal. Abwesendes in Erinnerung gebracht. In: Sabine Huschka: Moderner Tanz. Konzepte, Stile, Utopien. rowohlts enzyklopädie. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2002, ISBN 3-499-55637-5, S. 282, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
↑Ernst Probst: Königinnen des Tanzes: Von Pina Bausch bis zu Mary Wigman. Verlag Ernst Probst, 2002, ISBN 3-935718-99-3, S. 21.
↑In: Jochen Schmidt: Pina Bausch. „Tanzen gegen die Angst“. Ullstein, Berlin 2002, ISBN 3-548-60259-2, S. 216f. Zitat Pina Bausch: „Wenn unser Reisen nicht wäre und was alles passiert – was mir alles passiert ist –, dann wäre ich nicht mehr in Wuppertal.“
↑Zitat Bausch in: Schulze-Reuber: Das Tanztheater Pina Bausch. 2005, ISBN 3-8301-1147-9.
↑„Pina Bausch brach mit den Traditionen und erfand das Tanztheater.“ In: „Was bleibt ist Tanztheater in seiner reinen Form.“ In: Die Zeit, 2. Juli 2009, Interview mit John Neumeier. Vladimir Malakhov: „Pina Bausch hat unsere Generation und unsere Sehweise so geprägt wie kein anderer: Sie hat das Tanztheater in Deutschland erfunden, in Wuppertal!“ Zitiert in Vladimir Malakhov: „Pina Bausch war unglaublich schön.“ In: Die Welt, 1. Juli 2009. Wim Wenders „erinnere […] sich noch heute an diesen Augenblick der Rührung, des plötzlichen Weinens. In diesem Moment sei ihm eigentlich klar geworden – die Darbietung der Tänzer auf der Bühne, „das war nicht Theater, nicht Ballett, nicht Oper“, das sei etwas völlig anderes gewesen: „Bausch ist die Erfinderin einer neuen Art“, sagt Wenders.“ In: Goethe-Preis. Frankfurt würdigt Pina Bausch. In: Frankfurter Rundschau, 28. August 2008.
↑So etwa Jochen Schmidt: „Ihre Themen, hat Pina Bausch einige Zeit vorher gesagt, blieben im Grunde immer gleich; nur die Farben der Gemütszustände wie auch der Stücke wechselten. Liebe und Angst, Einsamkeit und Sehnsucht, Zärtlichkeit und körperliche Gewalt werden in neuen Mustern szenisch aufgefaltet.“ In: Jochen Schmidt: Pina Bausch. „Tanzen gegen die Angst“. Ullstein, Berlin 2002, ISBN 3-548-60259-2, S. 115. Christian Spuck: „Ihr Werk ist beseelt von einer Menschlichkeit und Aufrichtigkeit, die mich unendlich tief berührt hat.“ In: Die Erneuerin des Tanztheaters ist tot. (Memento vom 15. August 2016 im Internet Archive). In: dpa / Hamburger Abendblatt, 1. Juli 2009.
↑Pina Bausch: Picasso des Tanzes. In: Der Tagesspiegel Online. 2. Juli 2009, ISSN1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 4. September 2022]).