Der Kreis Schleiden war ein Landkreis in der Eifel im ehemaligen Regierungsbezirk Aachen der preußischenRheinprovinz bzw. des Landes Nordrhein-Westfalen. Er entstand 1829 durch Umbenennung aus dem Kreis Gemünd. Kreisstadt war Schleiden. Der Kreis gehörte bis 1946 zur Rheinprovinz und seitdem zu Nordrhein-Westfalen. Er ging 1972 im Rahmen der kommunalen Neugliederung des Landes bis auf vier Orte, die dem Kreis Düren und zwei Orten (Einruhr und Hirschrott) die dem Kreis Aachen zugeschlagen wurden, im Kreis Euskirchen auf.
Der Kreis Schleiden ging aus dem Kreis Gemünd hervor, der 1816 bei der Neuordnung der preußischen Rheinprovinzen im Regierungsbezirk Aachen eingerichtet worden war. 1829 wurde er in „Kreis Schleiden“ umbenannt, nachdem der Landratssitz nach Schleiden verlegt worden war. Der Kreis Schleiden setzte sich anfänglich aus den 23 Bürgermeistereien Blankenheim, Bleibuir, Dollendorf, Dreiborn, Eicks, Gemünd, Heimbach, Hellenthal, Hollerath, Holzmülheim, Kall, Keldenich, Kronenburg, Lommersdorf, Marmagen, Nöthen, Schleiden, Tondorf, Udenbreth, Vussem, Wahlen, Wallenthal und Weyer zusammen.[1] Die Bürgermeistereien Holzmülheim und Tondorf wurden später zu einer gemeinsamen Bürgermeisterei zusammengeschlossen.
Mit der Einführung der Gemeindeordnung für die Rheinprovinz von 1845 wurden die meisten Bürgermeistereien des Kreises in mehrere Gemeinden untergliedert. Gemünd erhielt 1856 und Schleiden 1857 die Rheinische Städteordnung. Die bis dahin zur Bürgermeisterei Schleiden gehörenden Gemeinden Broich, Bronsfeld, Harperscheid, Oberhausen und Schöneseiffen bildeten seitdem die Bürgermeisterei Harperscheid.[2] Im Kreis Schleiden bestanden seitdem auf einer Fläche von 824 km² 23 Bürgermeistereien mit insgesamt 76 Gemeinden:[3]
Die Bürgermeisterei Vussem wurde um 1900 in Bürgermeisterei Mechernich umbenannt.[4] Die Gemeinden Strempt und Roggendorf wurden 1914 in die Gemeinde Mechernich eingegliedert.[5] Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Gemeinde Losheim in den Kreis Schleiden eingegliedert. Losheim war 1919 als Teil des Kreises Malmedy an Belgien gefallen, kehrte aber nach Nachverhandlungen 1921 zum Deutschen Reich zurück.[6] Wie in der gesamten Rheinprovinz wurden seit dem 1. Januar 1928 die Bürgermeistereien des Kreises als Ämter bezeichnet. In den 1930er Jahren wurden die Gemeinden Frohnrath und Heistert in die Gemeinde Sistig eingegliedert. Außerdem wurden die beiden Sötenicher Teilgemeinden und die Gemeinde Rinnen zur Gemeinde Sötenich zusammengeschlossen.[7][8]
Vom 1. April 1949 bis zum 28. August 1958 gehörte Losheim erneut zu Belgien, bis es auf der Basis des deutsch-belgischen Grenzvertrages von 1956 zur Bundesrepublik Deutschland und zum Kreis Schleiden zurückkehrte.[9][10] Von den 1930er bis zu den 1960er Jahren wurde die Zahl der Ämter des Kreises mehrfach reduziert, unter anderem wurden die Ämter Bleibuir und Eicks im Jahre 1949 zum neuen Amt Hergarten zusammengeschlossen.[11][12] Am 8. April 1959 wurden Heimbach die Stadtrechte verliehen. Im Landkreis Schleiden existierten 1967 drei amtsfreie Gemeinden und neun Ämter mit insgesamt 68 amtsangehörigen Gemeinden:
Im Rahmen der nordrhein-westfälischen Gebietsreform wurden zunächst am 1. Juli 1968 Heimbach und Hausen zu einer neuen, größeren Stadt Heimbach zusammengeschlossen. Gleichzeitig wurde das Amt Heimbach aufgelöst.[13] Am 1. Juli 1969 trat das Gesetz zur Neugliederung von Gemeinden des Landkreises Schleiden in Kraft:
Ahrdorf, Alendorf, Blankenheim, Blankenheimerdorf, Dollendorf, Freilingen, Hüngersdorf, Lindweiler, Lommersdorf, Mülheim, Reetz, Ripsdorf, Rohr, Uedelhoven und Waldorf wurden zu einer neuen, größeren Gemeinde Blankenheim zusammengeschlossen.
Baasem, Berk, Dahlem, Kronenburg und Schmidtheim wurden zu einer neuen, größeren Gemeinde Dahlem zusammengeschlossen.
Heimbach, Hergarten und Vlatten wurden zu einer neuen, größeren Stadt Heimbach zusammengeschlossen.
Hellenthal, Hollerath, Losheim und Udenbreth wurden zu einer neuen, größeren Gemeinde Hellenthal zusammengeschlossen.
Golbach, Kall, Keldenich, Sistig, Sötenich, Urft, Wahlen und Wallenthal wurden zu einer neuen, größeren Gemeinde Kall zusammengeschlossen.
Berg, Bleibuir, Breitenbenden, Eicks, Floisdorf, Glehn, Harzheim, Holzheim, Hostel, Kallmuth, Lorbach, Mechernich, Vussem-Bergheim und Weyer wurden zu einer neuen, größeren Gemeinde Mechernich zusammengeschlossen.
Bouderath, Buir, Engelgau, Frohngau, Holzmülheim, Marmagen, Nettersheim, Pesch, Roderath, Tondorf und Zingsheim wurden zu einer neuen, größeren Gemeinde Nettersheim zusammengeschlossen.
Die Ämter Blankenheim, Hellenthal, Hergarten, Kall, Mechernich, Schmidtheim und Zingsheim wurden aufgelöst.
Am 1. Oktober 1969 wurde aus dem Landkreis Schleiden, der nun noch 15 Städte und Gemeinden umfasste, der Kreis Schleiden.[14]
Das Aachen-Gesetz brachte am 1. Januar 1972 weitere Gemeindezusammenschlüsse und das Ende des Kreises Schleiden:
Broich, Bronsfeld, Dreiborn, Gemünd, Harperscheid, Oberhausen, Schleiden und Schöneseiffen wurden zu einer neuen, größeren Stadt Schleiden zusammengeschlossen.
Das Amt Harperscheid wurde aufgelöst.
Blankenheim, Dahlem, Mechernich, Hellenthal, Kall, Nettersheim und Schleiden wurden in den neuen, größeren Kreis Euskirchen eingegliedert.
Die Orte Einruhr und Hirschrott schieden aus dem Landkreis aus und wurden Teil von Simmerath (Kreis Aachen).
Heimbach wurde Teil der Stadt Nideggen im Kreis Düren. Bereits am 4. August desselben Jahres wurde Heimbach durch Gerichtsbeschluss wieder eine eigenständige Stadt im Kreis Düren.
Zuständige Gerichte waren 1894 das Amtsgericht Blankenheim, das Landgericht Aachen und das Oberlandesgericht Köln sowie später in der unteren Instanz das Amtsgericht Gemünd. Zuständige Finanzämter waren seit 1927 das Finanzamt Gemünd und das Landesfinanzamt Köln.
Zuständige Militärdienststelle in der Zeit der Monarchie war bis 1918 das Bezirkskommando Montjoie im Rahmen des VIII. Armeekorps[22].
Blasonierung: „Geviert; im 1. goldenen (gelben) Feld ein roter Zickzackbalken, im 2. goldenen (gelben) Feld ein schwarzer Löwe, im 3. silbernen (weißen) Feld ein schwarzes durchgehendes Kreuz und im 4. roten Feld drei 2:1 gestellte goldene (gelbe) Rosen.“[23]
Wappenbegründung: Das von Richard Schwarzkopf entworfene Wappen wurde 1935 vom preußischen Staatsministerium genehmigt. Der Zickzackbalken erinnert an die Grafen von Manderscheid, welche im Kreisgebiet mit den zwei Linien Blankenheim und Schleiden vertreten waren. Der Löwe des Herzogtums Jülich bezieht sich auf die Herrschaften Dreiborn und Wildenburg sowie das Amt Heimbach. Für das Kurfürstentum Köln, dem die Herrschaften Steinfeld, Urft, Marmagen und Wahlen nebst Weyer und dem halben Zingsheim unterstanden, steht das schwarze Kreuz. Als vierter Landesherr wurde der Herzog von Arenberg mit dem Motiv der arenbergschen Erbtochter, den drei goldenen Mispelblüten (fälschlich Rosen) berücksichtigt.
Politik
Ergebnisse der Kreistagswahlen ab 1946
In der Liste werden nur Parteien und Wählergemeinschaften aufgeführt, die mindestens zwei Prozent der Stimmen bei der jeweiligen Wahl erhalten haben.[24]
Hinweis
Der Kreis wies bei der Wahl 1952 einen recht hohen Stimmenanteil (5,8 %) für unabhängige Kandidaten auf.
Stimmenanteile der Parteien in Prozent
Jahr
CDU
SPD
FDP
UWV
DZP
1946
85,5
12,1
1948
65,4
25,7
0,1
1952
56,0
14,2
19,3
4,2
1956
64,3
10,7
17,7
6,4
1961
66,7
10,8
14,5
05,6
2,4
1964
60,4
15,4
13,6
10,5
1969
56,1
20,6
11,8
08,2
3,3
Bei der Wahl im Jahr 1948 erreichten unabhängige Kandidaten 8,3 % der gültigen Stimmen. 1952 waren es 5,8 %.
Am 1. Juli 1956 wurde dem Landkreis Schleiden bei der Einführung der bis heute gültigen Kfz-Kennzeichen das Unterscheidungszeichen SLE zugewiesen. Es wurde bis zum 31. Dezember 1971 ausgegeben. Seit dem 20. Februar 2013 ist es aufgrund der Kennzeichenliberalisierung im Kreis Euskirchen und seit 15. Juli 2015 im Kreis Düren erhältlich.
Neumanns Orts-Lexikon des Deutschen Reichs. Ein geographisch-statistisches Nachschlagebuch für deutsche Landeskunde. Dritte, neu bearbeitete und vermehrte Auflage von Wilhelm Keil. Leipzig, 1894.
Eugen Virmond: Geschichte des Kreises Schleiden. Schleiden 1898.
Paul Klinkhammer: Heimatbuch des Kreises Schleiden. Langensalza 1927.
Ernst Wackenroder: Die Kunstdenkmäler des Kreises Schleiden (= Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. 11. 2). Düsseldorf 1932.
Kreis Schleiden (Hrsg.): Heimatkalender des Kreises Schleiden. Schleiden 1951–1972.
Heinrich Neu: Heimatchronik des Kreises Schleiden. Köln 1954.
Hans-Dieter Arntz: Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet. Kümpel-Verlag, Euskirchen 1990, 820 Seiten. ISBN 3-9800787-6-0.
Hans-Dieter Arntz: Kriegsende 1944/45 im Altkreis Schleiden. Euskirchen 1995, ISBN 3-9802996-6-X.
↑BT-Drs. 3/315 Deutsch-belgischer Grenzvertrag von 1956 (PDF; 4,3 MB)
↑Daniel-Erasmus Khan: Die deutschen Staatsgrenzen : rechtshistorische Grundlagen und offene Rechtsfragen. Mohr Siebeck, Tübingen 2004, ISBN 3-16-148403-7, S. 471 (Fußnote 177 in der Google-Buchsuche mit Verweis auf BGBl. II, 1958, S. 263f.).