Ortenberg liegt an den südlichen Ausläufern des Vogelsbergs im Tal der Nidder auf einer Höhe von 141 m über NN, etwa acht Kilometer nordwestlich von Büdingen.
Nachbargemeinden
Ortenberg grenzt im Norden an die Stadt Nidda, im Nordosten an die Gemeinde Hirzenhain, im Osten an die Stadt Gedern und die Gemeinde Kefenrod, im Süden an die Stadt Büdingen, im Südwesten an die Gemeinde Glauburg, sowie im Westen an die Gemeinde Ranstadt.
Archäologisch nachweisbar ist eine Besiedlung im Gebiet von Ortenberg seit der Steinzeit. In der Eisenzeit siedelten Kelten in der Region, es folgten die Römer und später ließen sich Franken hier nieder.
Mittelalter
Aus der alten Mark Glauburg entwickelte sich das Landgericht Ortenberg. Die ältesten erhaltenen Erwähnungen von Ortenberg stammen aus den Jahren 1166 als Ortenberch[3] und 1176. Dabei werden ein Werner und ein Heinrich von Ortenberg genannt, die vermutlich zu einer Seitenlinie der Herren von Büdingen gehörten. Die Gründung der Burg Ortenberg wird deren Vorfahren Ortwin von Staden zugeschrieben, von dem sie auch ihren Namen erhielt.[4]Markt- und Stadtrechte erlangte Ortenberg offenbar in der Mitte des 13. Jahrhunderts: In Grundstücksverträgen aus dem Jahr 1266 wurden Zeugen aus Ortenberg erstmals als Bürger bezeichnet und gleichfalls auf diese Zeit datiert die Stadtmauer. Beides lässt auf Stadtrecht schließen. Ortenberg wurde zum zentralen Punkt für Zehntgericht, Messen und Märkte für die Umgebung. Von der Stadtmauer zeugt heute unter anderem noch der Oberpfortenturm (Obertor), erbaut in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts und der Diebesturm, der früher als Gefängnis diente.[5]
1422 erschien der Ortenberger „Kalte Markt“ erstmals in Stadtrechnungen. Aus dieser Zeit stammt auch das gotische Kaufhaus (Rathaus). Nach einer Zerstörung wurde es 1605–1608 neu erbaut und 1980 restauriert.
Frühe Neuzeit
1601 kam es zu einer Realteilung des Kondominats. Dabei blieb die „Haupt“-Stadt Ortenberg allerdings ein Kondominat: 2⁄3 fielen an die Grafschaft Stolberg-Stolberg und gehörten zum dortigen Amt Ortenberg, 1⁄3 an die Grafschaft Hanau-Münzenberg, ab 1642: Grafschaft Hanau, und deren Amt Ortenberg. Die Grafschaft Hanau wiederum fiel 1736 beim Tod des letzten Hanauer Grafen, Johann Reinhard III., aufgrund eines Erbvertrages an die Landgrafschaft Hessen-Kassel. Im Jahr 1706 fiel der stolbergische Anteil an Ortenberg an die abgespaltete Linie Stolberg-Roßla.
Von 1624 bis 1627 fanden größere Umbauarbeiten in der nordöstlich der Stadt gelegenen Burg statt, die zum Schloss umgestaltet wurde. 1634 wurden Stadt und Schloss im Dreißigjährigen Krieg durch Kroaten zerstört. Ebenfalls 1634 zeichnete und beschrieb Matthäus Merian die Stadt. Zuletzt wurde das Schloss um 1775 noch einmal im klassizistischen Stil umgebaut.
Im Zuge der Gebietsreform in Hessenfusionierten zum 1. Juli 1971 die Städte Ortenberg und Lißberg sowie eine Reihe der kleineren umliegenden Gemeinden (Bergheim, Bleichenbach, Eckartsborn, Usenborn und Wippenbach) freiwillig zur neuen Stadt Ortenberg.[8] Ebenfalls auf freiwilliger Basis erfolgten am 1. Juli 1971 die Eingemeindung von Effolderbach und die von Selters am 31. Dezember 1971[9][10] sowie die von Gelnhaar am 1. April 1972.[11]
Für die Ortsteile Bergheim, Bleichenbach, Eckartsborn, Effolderbach, Gelnhaar, Lißberg, Ortenberg, Selters, Usenborn und Wippenbach wurde je ein Ortsbezirk gebildet.[12]
Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Ortenberg angehört(e):[13][14][15]
ab 1815: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Ortenberg[17] zu 1/3; 2/3 Souveränitatslande, Amt Ortenberg (zur Standesherrschaft Stolberg gehörig)
ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Wetteraukreis
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Ortenberg 8950 Einwohner. Darunter waren 324 (3,6 %) Ausländer, von denen 159 aus dem EU-Ausland, 88 aus anderen Europäischen Ländern und 77 aus anderen Staaten kamen.[20] (Bis zum Jahr 2020 erhöhte sich die Ausländerquote auf 8,1 %.[21]) Nach dem Lebensalter waren 1390 Einwohner unter 18 Jahren, 2600 zwischen 18 und 49, 1945 zwischen 50 und 64 und 2014 Einwohner waren älter.[22] Die Einwohner lebten in 3761 Haushalten. Davon waren 1077 Singlehaushalte, 1076 Paare ohne Kinder und 1159 Paare mit Kindern, sowie 359 Alleinerziehende und 90 Wohngemeinschaften.[23] In 726 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 2508 Haushaltungen lebten keine Senioren.[24]
Einwohnerentwicklung
Ortenberg: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2020
Jahr
Einwohner
1834
1.090
1840
1.199
1846
1.116
1852
1.065
1858
964
1864
963
1871
1.003
1875
904
1885
895
1895
904
1905
933
1910
970
1925
990
1939
1.013
1946
1.675
1950
1.694
1956
1.611
1961
1.645
1967
1.712
1970
1.810
1973
7.921
1975
7.724
1980
7.816
1985
7.891
1990
8.239
1995
9.276
2000
9.338
2005
9.265
2010
9.016
2011
8.950
2015
9.091
2020
8.973
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[13]; Hessisches Statistisches Informationssystem[21]; Zensus 2011[20] Nach 1970 einschließlich der im Zuge der Gebietsreform in Hessen eingegliederten Orte.
Nach der hessischen Kommunalverfassung wird der Bürgermeister für eine sechsjährige Amtszeit gewählt, seit dem Jahr 1993 in einer Direktwahl, und ist Vorsitzender des Magistrats, dem in der Stadt Ortenberg neben dem Bürgermeister ehrenamtlich ein Erster Stadtrat und neun weitere Stadträte angehören.[31] Bürgermeister ist seit dem 14. Juli 2024 Markus Bäckel (FWG), der in der Kommunalpolitik zuletzt Fraktionsvorsitzender seiner Partei war.[32] Er wurde als Nachfolger von Ulrike Pfeiffer-Pantring (SPD), die nach vier Amtszeit nicht wieder kandidiert hatte,[33] am 3. März 2024 im ersten Wahlgang bei 54,23 Prozent Wahlbeteiligung mit 51,48 Prozent der Stimmen gewählt.[34]
Für alle Stadtteile und die Kernstadt besteht je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach Maßgabe der §§ 81 und 82 HGO und des Kommunalwahlgesetzes in der jeweils gültigen Fassung.[12]
Die Ortsbezirke sind durch die Gebiete der Stadtteile abgegrenzt und bestehen aus sieben bis neun Mitgliedern.
Deren Wahl erfolgt im Rahmen der Kommunalwahlen. Der Ortsbeirat wählt eines seiner Mitglieder zum Ortsvorsteher bzw. zur Ortsvorsteherin. Zur Zusammensetzung siehe die jeweiligen Stadtteile.
Ortsbeirat Stadtteil Ortenberg
Der Ortsbeirat besteht aus neuen Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 42,80 %. Dabei wurden gewählt: je drei Mitglieder der SPD, der CDU und „Freien Wählergemeinschaft Ortenberg“ (FWG).[37] Der Ortsbeirat wählte Maximilian Heck zum Ortsvorsteher.[38]
Neben den bereits genannten mittelalterlichen Bauwerken sind bemerkenswert:
Die dreischiffige Marienkirche, eine gotische Hallenkirche. In der Kirche befindet sich eine Kopie des bedeutenden dreiteiligen „Ortenberger Altars“, der im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts entstand und der ein außergewöhnliches Werk mittelrheinischer Malkunst darstellt. Das Original ist im Hessischen Landesmuseum Darmstadt ausgestellt. Der Maler des Werks, der Meister des Ortenberger Altars, ist nach ihm benannt.
Das Nidderkraftwerk bei Lißberg ist ein kulturgeschichtliches Denkmal.
Das Lißberger Krautfass, der Bergfried einer Burganlage aus dem 12./13. Jahrhundert, siehe: Burg Lißberg.
Im ehemaligen Schulgebäude unmittelbar vor der Schildmauer der Burg Lißberg befindet sich ein sehenswertes Musikinstrumentenmuseum.
Ebenfalls in Lißberg liegt die 1722 erbaute Neumühle, die als Wasserkraftwerk noch heute in Betrieb ist.
Regelmäßige Veranstaltungen
Der überregional bedeutende Ortenberger „Kalte Markt“ (orig.: Kaale Määrt). Er findet jährlich am letzten Oktoberwochenende statt.
Jeden Samstag findet ein Flohmarkt auf dem Marktplatz statt.
Freizeit- und Sportanlagen
Der Vulkanradweg verläuft auf der Trasse der ehemaligen Oberwaldbahn von Stockheim nach Lauterbach durch Ortenberg. Heute ist der Vulkanradweg Teil des BahnRadweg Hessen, der auf ehemaligen Bahntrassen ca. 250 km durch den Vogelsberg und die Rhön führt.
In der Kernstadt befindet sich das Ortenberger Freibad mit anschließender Mini-Golf Anlage. Im Freibad selbst befindet sich ein FKK-Bereich.
Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Auflage. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 2000, ISBN 3-86134-228-6, S. 358 f.
Peter Nieß: Ortenberg. Beiträge zur Geschichte und Baugeschichte. Ortenberg 1989.
Hans Philippi: Territorialgeschichte der Grafschaft Büdingen. = Schriften des hessischen Amts für geschichtliche Landeskunde. 23. Marburg 1954, S. 134–144.
Hans Georg Ruppel (Bearb.): Historisches Ortsverzeichnis für das Gebiet des ehem. Großherzogtums und Volksstaats Hessen mit Nachweis der Kreis- und Gerichtszugehörigkeit von 1820 bis zu den Veränderungen im Zuge der kommunalen Gebietsreform = Darmstädter Archivschriften. 2. 1976, S. 169.
Michael Schroeder: Schloß Ortenberg. Ein Führer zu Burg und Schloß Ortenberg sowie zur Familiengeschichte des Fürstlichen Hauses Stolberg-Roßla. Ortenberg 2010.
Michael Schroeder: Ortenberg in Hessen. Ein Altstadt-Rundgang. Hrsg. v. Kulturkreis Altes Rathaus u. d. Stadt Ortenberg. 96 S., 80 Abb. fb. Königstein i. Ts. 2012 Verlag Langewiesche, ISBN 978-3-7845-1105-4.
Heinz Wionski: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Wetteraukreis I. Stuttgart 1999, S. 358–378.
Yvonne Taddeo: Die Stadtteile der Großgemeinde Ortenberg. 2021 (ortenberg.net).
Ortenberg und seine Stadtteile. In: Webauftritt. Stadt Ortenberg, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 15. Juli 2013; abgerufen im Dezember 2020.
↑Hans Philippi: Territorialgeschichte der Grafschaft Büdingen. Marburg 1954, S. 95f.; Klaus-Peter Decker: Herrschaften in der Wetterau. In: Ritter, Grafen und Fürsten – weltliche Herrschaften im hessischen Raum ca. 900–1806. Marburg 2014, ISBN 978-3-942225-17-5 (= Handbuch der hessischen Geschichte 3 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 63), S. 292f.
↑Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Gießen 1893, S. 108, Anm. 36 und S. 25, Anm. 82, sowie beiliegende Karte.
↑Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Gießen 1893, S. 105, sowie beiliegende Karte.
↑Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen von Gemeinden vom 21. Juni 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr.28, S.1117, Punkt 988; Abs. 12. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,0MB]).
↑Gemeindegebietsreform in Hessen; Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 21. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr.3, S.84, Punkt 93 Abs. 35 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,0MB]).
↑Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
↑Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC162730471, S.12ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑
Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.411, 421 (online bei Google Books).
↑
Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S.181ff. (online bei Google Books).
↑
Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr.8, S.121ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2MB]).